Dacia Maraini
Im Rahmen
meiner Entsorgungswut habe ich nach etwa vierzig Jahren in den mit dem Prix Formentor
bekrönten Roman Zeit des Unbehagens
der damals noch jungen, aber nicht wie Françoise Sagan so jungen Dacia Maraini
hineingesehen. Allerdings war ich nicht so schnell am Ball, dass ich sofort zur
1963 erschienenen deutschen Ausgabe bei Rowohlt gegriffen hätte, drei Jahre
später war früh genug als rororo Taschenbuch Ausgabe mit der Nummer 825.
Ein ziemlich
heftiges Geschoss wurde damals vom Spiegel (1963:23) abgefeuert, mit dem die
Dacia Maraini, die heute nach zahllosen (von mir leider nicht gelesenen) Arbeiten
als so etwas wie die grande dame italienischer intellektueller Emanzipation
anerkannt wird – dieses Bild vermitteln zumindest die zahllosen websites –, als
sechsundzwanzigjährige „Gesellschaftsschönheit und Appartement-Marxistin“
charakterisiert wurde. Die Kurzrezension endet damit, dass dem Leser die
Erkenntnis dämmert, „daß selbst die Beschreibung von Sexual-Übungen zum Gähnen
verführen kann:“
In der
rororo-typischen Einführung „Zu diesem Buch“ heißt es u.a., dass die
siebzehnjährige Hauptperson Enrica „sich einen Liebhaber nach dem anderen“
leistet. Auf dem hinteren Umschlag „verbraucht die siebzehnjährige Heldin einen
Liebhaber nach dem anderen“. Beim höchstpersönlichen Nachzählen sind es
allerdings nur drei, der blasierte und egoistische Cesare, den sie nach eigener
Aussage liebt, der hoffnungslos in sie verliebte Carlo und schließlich der für
die Beteiligten befriedigende one-night-stand des Rechtsanwalts Giulio Guido,
der von ihm, aber nicht von Enrica gern wiederholt worden wäre. Zwar ist die
Sprache der Maraini bereits deutlicher als die Caldwells zwanzig bis dreißig
Jahre zuvor, aber ich muss dem Spiegel-Rezensenten zustimmen und auch mir
erscheint die so-gerade-noch Diskretion Caldwells auch in einem schlechten Buch
wie A house in the uplands sehr viel
wahrhaftiger. Vielleicht aber befördert auch die Hitze im Staate Georgia die
Phantasie und Lust mehr als das offensichtlich sehr regnerische Rom der Maraini.
Wie so oft
fällt mir zum Eigentlichen denkbar wenig ein, denn älter und intensiver war
meine Begegnung mit dem Vater Fosco Maraini (http://www.theflorentine.net/articles/article-view.asp?issuetocId=7640
von Deirdre Pirro
Und
schließlich nicht im Internet: Dacia Maraini kommt mir vor wie eine ältere
Schwester oder Vorgängerin von Ulla
Berkéwicz.
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