Montag, 24. Mai 2010

Anglophilie III

Es fällt mir schwer, meine Begeisterung für den Royal Botanical Garden und die daraus resultierenden Folgelasten zu verlassen. Hat jedes Genus eine eigene Zeitschrift? Einmal mehr hatte ich Freude an einem Beitrag im Internet aus dem American Primrose Society Journal vom Herbst 2005 (http://ksdev.net/horthistoria/?p=119), wobei mir nicht ganz klar ist, ob eine Judith M. Taylor die Autorin ist, die am Ende des Beitrags©2008 Judith M. Taylor erscheint. Danach gibt es ein Pantheon der Primula (primroses < prima rosa)-Sammler, zu dem Joseph Hooker, Ernest H. Wilson, Frank Kingdon Ward, Reginald Farrer, George Forrest, Heinrich von Handel-Mazzetti, Frank Ludlow und George Sherriff gehören. „Other men (and it usually was men) contributed and should be remembered with respect but these were the outstanding figures”. Abgesehen davon, dass China mit der Himalayaregion für die Primula-Sammler und –Forscher mit 78% aller Primula Species von besonderer Bedeutung ist, sind Primulae wohl auch darüber hinaus sehr wichtig. So heißt es z.B. über Ernest H. Wilson (1872-1930) in diesem Beitrag: „Ernest H. Wilson (...) was born in Chipping Hamden [Camden] in Gloucestershire and may be one of its most famous sons“,(das schreibt Wikipedia über notable persons from and in Chipping Camden: The author Graham Greene and his wife Vivien lived at "Little Orchard" in the town, Ernest Wilson, plantsman, was born on the town. Sir Percy Hobart, armoured vehicle strategist and commander of the 79th Armoured Division in the Second World War, came from Chipping Camden and led the Home Guard there during the war. - Beachte die stilistische Variationsbreit "at", "on" und "from") und über Reginald Farrer (1880-1920): „He too came from the upper class. His father was a rich Yorkshire dalesman and his mother a cousin of the Sitwells, great Yorkshire landowners and literary geniuses”. Besonders Edith Sitwell kultivierte ihr Genie ad nauseam, aber immerhin, auch wenn Reginald Farrer nicht in ihrer Biographie erscheint, ebenso wenig wie Arthur Waley, der ihr übrigens eines seiner chinesischen Gedichtsammelsuria, London: George Allen & Unwin Ltd. 1946 widmete. Zuerst dachte ich, ich hätte diesen Band, aber dann hatte ich es doch nur mit 170 (A Hundred and Seventy) Chinese Poems. London: Constable and Company Ltd. 1923 (= Second Edition, Third Impression) verwechselt. Allerdings enthält mein für 7/6 in der Shillingzeit erworbenes Bändchen die Unterschrift von Arthur Waley zierlich und höchst persönlich, eine Steigerung gegenüber dem Eichhornband mit dem ex libris van Guliks, den ich in sinologischer Zuneigung an Marie-Theres weitergab. Ein bisschen mehr habe ich schon von Arthur Waley, wenn auch nicht seine defensiones der Gedichte der Dame Edith. Oder war das die Revanche von Marie-Theres, die mit Erasmus in Venedig war? Denn: ich denke, aus dem Waley stammt die Visitenkarte „Old World Books. Al Ponte del Gheto Vechio, John Francis Phillimore, Cannaregio 1190, 30121 Venezia. Tel: (0039) 041 27 59 456 – venezialibri@yahoo.it. Andererseits geben mit die 7/6 dennoch zu denken. Das Stichwort China ist, falls erwähnt, in den Index nicht aufgenommen, so gibt es doch das Fünfte Kapitel „The Primulas had meant no Harm“. Der belgische Gärtner ihrer mütterlichen Großmutter in Londesborough, Ernest de Taeye „would have been like a dear lumbering bear had he not been completely bald, the result of touching a certain kind of primula. He spoke of flowers tenderly, as fathers sometimes (I suppose) speak of their children, and he touched them with equal tenderness – the primulas had meant no harm” (Sitwell, Edith, “Taken Care of, an autobiography”. London: Hutchinson Second Impresssion April 1965, S. 59. Um das Maß voll zu machen, das Titelbild gibt die Dame wieder, photographiert von Cecil Beaton. Was will man mehr?) Noch mehr aber gefällt mir, und es bräuchte kein Ende nehmen, aber nun doch als letztes: „Francis (Frank) Kingdon-Ward (1885-1958)“ (http://www.plantexplorers/biographies/kingdon-war...) „Oliver Tooley recounts the exploits of his grandfather, Frank Kingdon-Ward“, der verwandtschaftlich liebevoll seinen Großvater bneschreibt.
1976 war ich noch einmal zu kurzen Ferien in England. Zusammen mit Rana kamen wir an einem frühen Morgen in Harwich an und unsere Pässe wurden ausgerechnet von Joan, die als kleines Mädchen bei uns in Düsseldorf gewesen war, kontolliert. Wir blieben einige Tage auf den Norfolk Broads und wohnten so eben jenseits der Acle Bridge in Erinnerung meinerseits an Arthur Ransome natürlich, aber zusätzlich herrschte wunderbares Wetter, und wir erkundeten zahllose Sackgassen, die an stillen Wasserarmen endeten, erinnerlich noch Potter Heigham und Hickling Broad. An der Küste nördlich von Great Yarmouth und im Ort selbst vermischten sich dann die Kinder Arthur Ransomes (Coot Club, London – Toronto: Jonathan Cape 1934) mit David Copperfield Wir gondelten nach einigen Tagen nach Cambridge und aßen Döner auf der Straße, spazierten an der Cam, ich glaube, ich traute mich nicht, hauptverantwortlich zu punten, was ich 1958 hemmungslos und erfolgreich getan hatte. Bei Heffers waren wir bestimmt auch, aber erinnern kann ich mich nicht. Den voluminösen Needham-Band III/1 hatte ich dort bei einer früheren Gelegenheit „erramscht“. Wir übernachteten in Ely, und irgendwo stehen noch die Erinnerungen an den letzten Stand von Hereward the Wake auf der Isle of Ely von Charles Kingsley als Collins‘ Illustrated Pocket Classics Nr. 89, die in cloth 2/- net kosteten, in Leder das doppelte. Lawrence Norfolk bevorzugt das ebenso wässrige Usedom. Insgesamt bewegten wir uns auf den von mir längst eingefahrenen Wegen, vom Osten nach Hay on Wye, nach Bath, Winchester, wo wir in einem verwunschenen Bed & Breakfast unterkamen mit kleinen Kindern und freundlichen, leicht melancholischen Gastgebern. Nicht neu, aber seit vielen Jahren war ich nicht mehr in Canterbury gewesen. Anders als die Forelle in Ely mit gerösteten Mandeln, blieb der Gulasch in Bierteig in Canterbury bis heute in meinem Gedächtnis und ein Streitpunklt mit Rana über das gute oder schlechte Essen der Engländer – ich auf der Seite des doch manchmal Guten. Einmal mehr die Kathedrale, ich mochte T.S. Eliot nie - noch weniger nach der Besprechung des zweiten Bandes seiner Briefe im TLS vom 14. Mai 2010, aber the Murder in the Cathedral war mein Eindruck von Canterbury, mehr als David Copperfield – ich kann mich nicht erinnern, dass die Kathedrale darin überhaupt genannt wird – oder wohnten zuerst Uriah Heep und später die Micawbers in ihrer Nähe? Allenfalls die Dohlen, die in seinen Türmen nisteten, flogen zur Schule herüber, die David/Trotwood besuchte, und das Leben in Canterbury muss recht schwerblütig gewesen sein, denn am Ende des Buches ist Dr. Strong in seinem Lexikon beim Buchstaben „D“ angelangt.
Aber bevor wir nach Canterbury kamen, um am nächsten Tag das einzige Mal in meinem Leben mit einem Hovercraft zum Kontinent überzusetzen in Lille Andouillette zu essen, waren wir noch ein wenig weiter im Süden Englands, hakten in St. Albans so etwa meine letzte englische Kathedrale ab, waren in Oxford, einmal mehr durchquerte ich die Cotswolds, allerdings nicht zu Fuß, schlugen einen Bogen bis nach Wales hinein, wo wir nahe von Brecon bei Sheamus MacBride übernachteten, zusammen mit seinen Fernfahrer- und sonstigen Freunden, es wirkte, als sei er fast ungewollt Schutzengel aller, die nie Wurzeln geschlagen hatten.
Wenn ich mich zu entsinnen versuche, wann und wo meine Anglophilie gelegentlich auf die Probe gestellt wurde, so war dies noch früher, nämlich 1961, auf Paros, oder durch den noch nicht achtzehn Jahre alten jüngsten Sohn des Pfarrers in Hartley Wintney. Eine Herausforderung war oft auch das Bettzeug in Hotels oder Bed & Breakfast-Plätzen.
Nach 1976 ließ der Drang nach England dann aber doch ein wenig nach, zweimal anlässlich kleinerer Tagungen, zum zweihundertjährigen Bestehen der British and Foreign Bible Society. Wo ich die junge Archivarin der siebziger Jahre zwar nicht wiedererkannte, aber doch traf und wieder ihre ungekünstelte Hilfsbereitschaft mochte und zu etwas Manjurischem in diesem Jahr. Bei dieser Gelegenheit gefiel mir vieleicht am besten die Entschuldigungsplakette der University of London am Brunei House, das ohne vorherige Konsultation mit der Familie Russell errichtet worden war. Und einmal noch im New Forrest in Erinnerung an die Kinder dort.
Das ist jetzt etwas knapp geworden, leider auch dank meiner eigenen Torheiten.

Dienstag, 11. Mai 2010

Anglophilie II

Wenn ich schreibe, dass ich natürlich auch im Royal Botanical Garden Edinburgh war, dann ist das überhaupt nicht natürlich, sondern nur ein unerfüllter Traum, Pflanzen besser und häufiger zu erkennen als ich es tatsächlich tu. Am 6. Mai 2010 wurde Andrew Miller in seinem Wahlkreis Ellesmere Port & Neston mit einer leicht geschrumpften Mehrheit von 9,8% wiedergewählt. In seiner Jungfernrede (http://www.andrew-miller-mp.co.uk/00f2905a-db4d-c984-f5c5-5c...), die er hielt, nachdem er bei der vorhergehenden Wahl den Konservativen den Wahlkreis abgenommen hatte, gibt es eine Passage: „Ellesmere Port and Neston is a constituency of great contrasts – from rich to poor, from urban to rural, from beautiful landscapes to industrial dereliction, and from environmental perfection to environmental concern. I shall concentrate on that last aspect, and contrast the peace and tranquility of Ness gardens with the serious concerns about the protection of the environment round the vital petrochemical and related industries.
Ness gardens were the creation of a great socialist – A.K. Bulley who, incidentally, fought the then Rossendale constituency early this century on behalf of the women’s suffrage movement. The gardens, which he and his daughter [Agnes Lois Bulley] later [1948] gave to Liverpool university, now provide a place of great beauty and tranquility for my constituents and for many thousands of visitors. They also provide the university with important research facilities on plants and their habitat. In this House my skills as a guide have yet to be developed, but I should happily share the experience of the beauty and tranquility of Ness gardens with other Members of the House.” Ein Wort habe ich aus der Jungfernrede gelernt “remaindered”, wenn man im Modernen Antiquariat Remittenden kauft. Stephen Brasher (The Returning Officer) in New Statesman schreibt am 4. Mai 2010 das gleiche (http://www.newstatesman.com/print/201005040017), drückt sich aber anders aus: „A.K. Bulley, a Liverpool cotton broker, stood in Rossendale at the January 1910 election, gaining 639 votes for the suffrage cause. He was best known as a fanatical plant collector who founded the famous plant nursery Bees Seeds. He did better than the candidates at St. Pancras East (H. Jacobs) and Glasgow Camlachie (W. Mirrlees) who only managed 57 votes between them.”
Ich zitiere Andrew Miller wegen der Erwähnung Arthur Kilpin Bulley’s (1861-1942). Über ihn gibt es eine Biographie von Brenda McLean, "A pioneering plantsman: A.K. Bulley and the great plant hunters". London: Her Majesty’s Stationary Office 1997. Das Internet ist sehr wohl ein Kapitel für sich. Duncan McDougall (http://www.gardenweb.com/cyberplt/people/forrest.html) lässt Bulley 1940 sterben und mit diesem Jahr auch Ness garden an die Universität Liverpool fallen. Er war ein Liverpoodlian Baumwollhändler, der Himalaya- und chinesische Gebirgspflanzen – natürlich auch andere – über seine Pflanzenschule Bees Seeds in Großbritannien und anderswo – so schickte er 1900 Samen der Forsythia europaca Dehen and Baldacci an das Arnold Arboretum, Harvard – heimisch machen wollte. Und damit entsteht seine Beziehung zum Royal Botanical Garden Edinburgh, denn der Regius Keeper des Gartens, Isaac Bayley Balfour, stellte zunächst George Forrest im Herbarium ein, um ihn dann A.K. Bulley zu empfehlen, der jemanden mit der Botanisiertrommel in Westchina wünschte (c.f. zunächst The Royal Botanic Garden Edinburgh. The Garden Companion. Edinburgh 1970, p. 4, aber gewiss einmal mehr Brenda McLean, "George Forrest. Plant Hunter". 2009 und vorher ebenfalls Brenda McLean, "George Forrest, Plant Hunter". Antique Collectors‘ Club. Royal Botanic Garden, Edinburgh, Suffolk 2004 auf 239 Seiten), eigentlich wünschen musste, wenn das Briefzitat von Augustine Henry stimmt, “don’t waste money on postage – send a man.“ (Norman Todd, „George Forrest, Mr. Bulley and Professor Balfour“, April 2005, http://www.victoriarhodo.ca/Archives/Todd405.htm). Eine niedliche Bemerkung zu ihm hat Norman Todd: „Swallowing some of his socialist doctrine he decided to send a collector to Yunnan”. Ist Herr Todd ein Liberal-Democrat? Weil es aber offensichtlich nicht so einfach war mit A.K. Bulley, sicher aber auch nicht mit Balfour und Forrest selbst, wurden die späteren Expeditionen Forrests von einem Syndikat unter Führung von J.C. Williams of Caerhays in Cornwall (1862-1939) bezahlt (Diese Information findet sich bei Walter Magor, s.u.). mit dem er nach Gwen Bell, Seattle, Washington Briefe von dreißig Seiten und mehr austauschte (http://www.scholar.lib.vt.edu/ejournals/JARS/v31n1-bell1.htm, p. 3). In Caerhays entstand ein heute berühmter chinesischer Garten. Dies wiederum führte dazu, dass die taxonomischen Arbeiten mit den von Forrest zwischen 1904 und 1931 nach Edinburgh zurückgeschickten Specimina eine besonders wichtige Rolle in den wissenschaftlichen Tätigkeiten der Angehörigen des Botanischen Gartens einnahmen. Der Garten selbst enthält viele Pflanzen, die durch Forrest nach Schottland gebracht wurden, so die Lapponicum Serie der Rhododendra im Steingarten (The Garden Companion, pp. 14, 52), die Primulae im Baumgarten (Woodland Garden) (pp. 18, 63), während der blaue Scheinmohn (Meconopsis betonicifolia) erst durch Francis (Frank) Kingdon-Ward (1885-1958) 1924 bekannt wurde. Entdeckt hatte man ihn aber schon 1886 in Yunnan (p. 59).
Mit den Forsythien scheint Forrest etwas weniger zu tun gehabt zu haben. Ihre europäische Karriere beginnt mit Carl Pehr Thunberg, der 1784 seine Flora Japonica veröffentlichte, und darin die Syringa suspensa aufnahm – offensichtlich reicht mein Norwegisch doch nicht aus. Zwar weiß ich, dass es syriner gibt, aber es ist wohl doch der Flieder, der Türkische Holunder, Jelängerjelieber gemeint. 1804 erkannte Martin Vahl, Professor der Botanik in Kopenhagen, dass es sich nicht um eine Fliederart handelte und schuf das genus Forsythia in Erinnerung an William Forsyth, damals Direktor des Royal Garden in Kensington (c.f. http://www.arnoldia.arboretum.harvard.edu/pdf/articles/1723.pdf, S. 42. Auf S. 51 erscheint die Forsythia giraldiana Lingels., die 1897 von G. Giraldi in Nord-Shaanxi und 1914 von Reginald Farrer in Gansu gesammelt wurde)
Man fühlt sich – und da erinnere ich mich, dass ich am Wochenende in der FAZ vom 8./9. Mai 2010 ausgerechnet im Teil „Beruf und Chance“ auf Seite C2 einen Artikel von Julia Löhr las, „Clemens Meyer. Ein Arbeiter im Literaturbetrieb“, der angeblich von sich immer als „man“ spricht. Ist das eine Art von Caesarenattitüde? – jünger oder zumindest gesünder, wenn man liest, dass George Forrest Scotland’s Indiana Jones of the plant world sei (http://www.plantexplorers.com/explorers/biographies/forrest/georg...). Vor dieser poetischen Bemerkung erscheint fast noch poetischer eine Auswahlliste der Pflanzen, die Forrest in Europa bekannt machte. Hübsch der Anstoß bei Duncan McDougall zu Forrests Beschäftigung mit Flora (und Fauna) durch einen Angeltrip zum Gladsdale Loch. Er schützte sich vor heftigem Regen und entdeckte dabei einen steinernen Sarkophag, der aus einem Grabhügel herausragte. Um mehr darüber herauszufinden begab er sich zum Antiquarian Museum in Edinburgh und kam bei dieser Gelegenheit in Verbindung mit Isaac Bayley Balfour.
Bisher habe ich vor allem Ostasiatische Kunsthistoriker beneidet, die ihre Begeisterung für ihren Gegenstand mit Wissen und Können unterfüttern. Jetzt beneide ich auch Walter Magor, der Mitglied der Royal Horticultural Society, dem Herausgebergremium der Rhododendron Gruppe eben dieser Society war und dessen Vater Reginald Farrer zwar in die Kalkhügel von Ingleborough in Yorkshire und in die Alpen begleitet hatte, nicht aber nach Gansu und Sichuan in 1914, weil er kurz vorher geheiratet hatte. Magors Artikel „A History of Rhododendron“, ursprünglich in the Cornish Garden Journal veröffentlicht, von mir gelesen in Pukeiti (http://www.pukeiti.org.nz/index.php?page=news&newsid=45&ne...) hat einen wunderschönen Einstieg. Er mag gängig, bekannt und ausgelutscht für Rhododendron-Kenner sein, ich kannte diese Anekdoten nicht, obwohl sie Ähnlichkeit mit dem Gerücht haben, Napoleon habe vor der Schlacht bei Waterloo zu heiß gebadet. Die Soldaten Xenophons vergifteten sich mit Honig aus dem giftigen Nektar des Rhododendron luteum, den Soldaten des Pompeius geschah das gleiche, als sie gegen Mithridates zogen, und am aktuellsten vergifteten sich die Soldaten Alexander des Großen 327 v.Chr. wahrscheinlich an Rhododendron afghanicum. Dem folgt eine schöne Beschreibung, wie so manche Rhododendra nach Großbritannien gelangten, u.a. das Rhododendron fortunei, dessen Samen Robert Fortune 1855 aus Zhejiang zurückbrachte. Und weiter: Wie erhebend – und ich meine das gar nicht albern – sind Passagen wie „Joseph Hooker’s expedition is immortalised in his Rhododendrons of the Sikkim Himalaya published in three parts between 1849 and 1851, with thirty coloured plates, edited by Hooker’s father.“ Joseph Hooker nannte viele neuentdeckte Spezies des Rhododendron nach seinen Freunden. Aber Magor geht immer weiter und würdigt die Missionare der Missions Étrangères,m Armand David, Jean Marie Delavay, Paul Farges und Jean Soulie, bevor er zu den Kelten und Angelsachsen kommt, zuerst zu den Hobby-Pflanzensammlern, Augustine Henry (1857-1931), der eigentlich Mediziner und Assistent im Dienste der Imperial Maritime Customs war, dann auch zu William Purdom (1880-1921), der später Direktor der Wälder für die chinesische Regierung wurde – diese beiden Namen veranlassen mich, weniger über Wikipedia zu lästern, denn Magor in allen Ehren, ausführlicher ist diese genannte, aber auch Joseph Rock, wichtig für Sinologen, wenn man sich mit dem tibetisch-chinesischen Grenzgebiet beschäftigt oder ein Hartmut-Walravens-Freak ist, war ein genuiner Rhododendronologe. Als ich von der Bibliothek in Devon berichtete, hatte ich den Beitrag von Walter Magor noch nicht gelesen. Manche Familien haben ihre Finger wirklich in alles gesteckt und z.B. aus Rhododendron arboreum, R. catawbiense und R. ponticum Altaclerense (Highclere Castle) gezüchtet, allerdings zu einer sehr viel früheren Zeit. Manchmal wünschte man, man wäre kein Spätgeborener, hätte einen Namen, der nicht schon einer Blume gewidmet worden war, sondern sei die Hortensia Lepaute, die Frau des Uhrmachers, nach der Commerson die Hortensie benannte. Aber das war doch unmittelbarer und schöner als der flachere Grund für den Rhododendron campbelliae, wie nach der Frau des Superintendenten von Darjeeling und politischen Agenten in Sikkim, Dr. Archibald Campbell. Eine Zwischenlösung wählte George Forrest, der nach seiner Frau Clementia Traill zwei Rhododendronarten benannte, Rhododendron clementinae und Rhododendron traillianum. Das alles könnte ich endlos weiterführen, wenn ich nicht zwischendurch am PC ausführlich Patience legen würde.
1973 oder 1974 war ich das nächste Mal in England, zuerst mit meiner Mutter, dann stieß über Heathrow Rana dazu, die zunächst in London im YWCA-Hostel nächtigte, während ich mit meiner Mutter in einem Hotelchen in Bayswater campierte. Der Grund in England zu sein, war diesmal, glaube ich Ralph Hewins in Kent (oder war es doch Liphook in Hampshire, wie der Waschzettel seines Buches besagt?) wegen seines Buches Quisling. Prophet without Honour. London: W.H. Allen 1965. Wir waren in einem ziemlich erfreulichen Landgasthaus zum Dinner, mit Sherry vor dem Essen und Tournedos Rossini als Hauptgang. Mehr Geschmäcker sind von dieser Gelegenheit nicht auf meiner Zunge geblieben. Und vielleicht war es doch Hampshire, denn wir wohnten in einem Hotel in Odiham, von wo wir auch Dereen in ? Hartley Wintney ? (Übrigens auch der Ort meines Pfarrers) besuchten und Rana mit unseren englischen Freunden bekannt machten, die inzwischen sogar leicht älter sind als ich. Übrigens überlegten wir noch einmal nach 2000, ob Leyla als au pair Mädchen nach England gehen solle, und, ich glaube, der älteste Sohn Dereens, Christopher kam in Frage, der dann mit seiner Familie in der Nähe von Salisbury wohnte, wo ich dann stattdessen etwas später aus einer der gesammelten Werke Thackerays The Rose and the Ring für Leyla kaufte. Außerdem dürfte Salisbury abgesehen von Constable, denkwürdigen Teenachmittagen und natürlich Stonehenge, in den Fünfzigern noch kostenlos auf einer Wiese zu begehen, der Magna Charta und der vielleicht frühesten englischsprachigen Inschrift nach Winchester die zweite Kathedrale auf meinen Wegen durch England gewesen sein. Und schon springe ich wieder: Natürlich war ich auch zu verschiedenen Zeiten in Colchester und Silchester als hommage an Rosemary Sutcliff, Orte, durch die England über die Dark Ages hinweggerettet wurde. Und von meinem ersten kindlichen oder jugendlichen Besuch gibt es immer noch Did Our Lord Visit Britain? Und die Bemerkung eines anderen englischen Freundes, der eigentlich aus Yorkshire stammte und sich in das Amharische vertieft hatte, dass Jesus vielleicht dann der erste Doppelagent gewesen sei, gehört auch dazu.
Ansonsten war der Hewins-Besuch eher kurz, aber es war wohl auf dieser Reise, dass wir dann einige Tage in Cranbrook verbrachten und Tunbridge Wells mit nicht nur einem, aber einem wunderbaren Antiquariat kennenlernten – ich kaufte mir ein etwas abgegriffenes Exemplar in sieben Bänden von The Principal Navigations, Voyages, Traffiques & Discoveries of the English Nation Made by Sea or Overland to the Remote & Farthest Distant Quarters of the Earth at any time within the compasse of these 1600 Yeares by Richard Hakluyt in Everyan’s Library (Reprinted 1926). Damals nicht aber später aß ich dort in einem Pub Fish and Chips, der von sich behauptete, dieses Gericht in England am besten zu machen. Es war ziemlich gut, aber doch ein bisschen ölig.

Samstag, 8. Mai 2010

Anglophilie I

Englische oder britische Weinkenner und sommeliers sind anerkannt und bekannt, und so habe ich auch in Banbury in einem nicht mehr erinnerlichen Jahr in den sechzigern zum ersten Mal in meinem Leben Nuits St. Georges getrunken. Ich gebe zu, das reicht zur Charakterisierung nicht aus und ist doch eine Erinnerung geblieben, die sich, so weit erinnerlich, nicht durch andere außerordentliche Umstände erhalten hat. Es war wohl kaum der etwas blasse Verehrer meiner Schwester, der dort arbeitete. Doch will ich gar nichts über Wein sagen, meine Kenntnisse sind allzu begrenzt, und ein Naturtalent wie die Ungarin Anna, vielleicht fünf Jahre vor dem besagten Nuits-St.-Georges, bin ich ebenfalls nicht, die selbst den klärenden Gips aus dem Wein, einem Mantineia, herausschmecken konnte, wenn wir anderen noch so taten, als ließen wir ihn auf der Zunge zergehen.
Es geht aber auch nicht ums Trinken, sondern ums Essen, weil ich Great Britain & Ireland 2002. Selection of hotels and restaurants /. Sélection d’hôtels et de restaurant / Selkezione di alberghi e ristoranti / Auswahl an Hotels und Restaurants von Michelin als veraltetes Einzelstück wegwerfen muss. Clermont-Ferrand Januar 2002, aber in Deutschland bei Neef Stumme in Wittingen gedruckt. Teuer genug war dieser Führer, zu teuer für eine Ferienreise durch einen Ausschnitt des englischen Teils der britischen Inseln. Aber mir fällt dennoch meine Anglophilie wieder ein, die mich manchmal auch sanft auf das Essen blicken ließ, ohne unauslöschliche Erinnerungen zu hinterlassen.
1954 oder 1955 war ich zum ersten Mal in England, mit meinen Eltern in einer Pension Namens Rowberrow Manor in Somerset zwischen Wells und Weston-super-Mare. Mit einer Mutter und Tochter mussten wir Abends als wohlerzogene Kinder Canasta oder Rommé spielen, das Essen selbst hat uns nicht vergiftet, blieb aber vergesslich, ganz anders die Nachmittagstees in Wells und vor allem in Glastonbury, Sandwisches mit Sandwichspread, wahrscheinlich von Heinz, oder mit einem Salatblatt und zerkrümelten Cheddar und natürlich Scones und clotted cream und damals fraglos schmeckendem Tee. In den Mendip Hills allerdings gab es in einem niedrigen geweißten Bauernhaus einen Oberst (retired), der, ich glaube einen Pub aufgemacht hatte, aber auch ein einziges Gericht, nämlich Roast von tadellosen Rindern anbot. Es war wohl im Verlauf dieser Reise, dass wir auch zu Bekannten oder Freunden nach Devon fuhren, wo wir vieles uns fremde kennenlernten. Der Hausherr trug eine Jacke mit unendlich vielen Taschen, aus denen er entweder die Bücher zog, die er gerade las oder einen Flachmann. In der Bibliothek standen nicht nur die Kisten mit den Papieren der Reisenden der Familie, sondern in den Regalen auch die Werke und Ergüsse mehrerer Generationen der Familie seit mindestens dem 18. Jh. Die Essgewohnheiten waren ebenfalls sehr speziell. Keiner in unserer Kleinfamilie war daran gewöhnt, mit solcher Schnelligkeit das Essen herunterzuschlingen, und irgendwie verdammte der schnellste alle anderen, das Essen einzustellen. Aber es gab köstliche blaue Pflaumen im Speckmantel gegrillt – oder war das polnisch?
Wahrscheinlich im Jahr darauf spielte Bergljot auf dem Lande au pair und ich wohnte bei Ostrowskis in der Cathnor Road in Sheperds Bush, London. Die junge Frau Ostrowski, die einen Sohn ungefähr in meinem Alter hatte, war eine halbe oder viertel Norwegerin, sonst Engländerin, die den morgendlichen Teetopf bis spät Abends in einer wattierten Kiste warmhielt. Gefrühstückt habe ich bei Ostrowskis, aber an ein anderes Essen kann ich micht nicht erinnern. Ich kann mich aber an ein Essen mit Frau Dr. Hayit erinnern, die ihren Mann besuchte, der mit anderen an der SOAS an einem usbekisch-englischen Wörterbuch bastelte. Ich glaube, zuerst gingen wir ins Wellcome Medical Museum, wo sie über die dort ausgestellten Präparate in Begeisterungsstürme ausbrach, Lungen, Leber und andere Innereien, von den verschiedensten Krankheiten befallen, dann gingen wir gemeinsam in der Bakerstreet irgendwo essen, in der Erinnerung das schlechteste Essen, das ich je in England aß, einen in sich versunkenen Yorkshirepudding, eine trostlose Scheibe aus einer Lammkeule und suppiges Gemüse, das ich nur einmal später wieder erlebte in einer deutschen Kneipe in der Richard-Wagner-Straße in Köln. Allerdings gingen wir hinterher zu Madame Toussaud’s, das einzige Mal in meinem Leben.
Das nächste englische Ereignis war 1958, als ich mit Bergljot zur summer school in Exeter war, gerade alt genug, um draught oder lager trinken zu können, und die gesamte Belegschaft von Portugal über die Niederlande und die Schweiz nach Deutschland verschwendete voller Lust den Saladcream von Heinz. Ansonsten überlebten wir alle ohne Mühe, aber einmal mehr kaum erinnerungswürdig. Auf der anschließenden Zelttour mit Hervé in dessen Deux chevaux bis zu den Festspielen nach Edinburgh haben wir, wenn ich mich richtig erinnere, überwiegend mit dessen Campingausrüstung gelebt, schon allein, deshalb, weil wir von St. David bis Kyle of Lochalsh jedes Mal von neuem unser Geld zählten, ob es reiche, einen Abstecher nach Irland zu machen – bis heute nicht. Aber: Meine Eltern, die in England feriierten, sie bekamen eine Einladung in das Harbour Light in Hope Cove, Devon, geführt von zwei Damen die sich aus dem diplomatischen Dienst zurückgezogen hatten. Nach Auskunft meiner Mutter, die ich denke, etwas vom Essen verstand, wunderbar etwas einmal gegessenes nachkochen konnte und in ihrer Familie in Haugesund in den zwanziger Jahren eingeführt hatte, Leber nicht mehr drei oder mehr Stunden zu kochen und dann zu braten, meinte, es sei ein tadelloses und erinnerungswürdiges Essen gewesen. Ich war nicht dabei und habe vergessen, worüber sie insgesamt schwärmte.
1965 oder 1966 war ich dann wieder in England und wohnte bei Geoffrey MacBride in Woking, vorstädtisch und fuhren gemeinsam bis Waterloo Station, von wo er über die Themse zum Foreign Office und ich in eine der Querstraßen von Charing Cross Road zum Public Record Office eilten. Was das Essen anbelangt, sind mir zwei Dinge in Erinnerung geblieben. Geoffrey köpfte sein Frühstücksei und placierte ein ziemlich großes Stück Butter in das bloßgelegte Eigelb, und am Wochenede gingen wir in Woking einkaufen. Als uns zwei köstliche Steaks angeboten wurden, bat Geoffrey den Fleischer, das Steak nur an einem Ende festzuhalten, und dieses entrollte sich zu einem trostlosen Band sehr mittelmäßigen Fleisches. Selber aß ich regelmäßig einen passablen indischen Mittagstisch. Übrigens, auch Geoffrey war ein ziemlich guter, auf jeden Fall ein ambitionierter Koch, der zusammen mit seinem Sohn Shakespeares Sonette ins Deutsche übertrug. Seitdem weiß ich, dass der Phönix im Englischen weiblich ist, immer dieses unnütze Wissen.
Und wieder vergingen die Jahre bis 1971. Ich glaube die anderen kamen von Norwegen, ich von Deutschland nach Esbjerg, und wir begannen unsere Englandtour in Bjørns altem Volvo in East Anglia. Ich erinnere mich an ein Essen im Lord Nelson in Norwich, der nicht mehr im Michelin-Führer des Jahres 2002 erscheint. Einmal mehr weiß ich nicht, was wir gegessen haben, aber am Ende des Abends war ich ganz schön betüddelt. Als ich zum Chefkellner ging, um zu bezahlen, fragte er mich, wie es sich leider gehört, ob es geschmeckt habe. Ich beschwere mich selten und meinte nur, es sei ein wenig zu wenig gesalzen worden, worauf sich herausstellte, dass der Chefkellner ein Pole war, der in netter Weise über die Engländer herfiel: „Bei uns schmeckt unsere Mutter ab, damit das Essen richtig gewürzt ist. Die Engländer stellen Salz auf den Tisch, auf dass Du selber zusiehst, wie viel Du nimmst.“ Danach verkrümelte ich mich, wie bereits früher vermerkt, auf das Junior Sinologues-Treffen in Christ Church, Oxford und sollte die Familie später in Gloucester wieder treffen. Aus Oxford sind eben Owen Lattimore und Bodo Wiethoff – der stürmische deutsche Professor wegen Lin Biao – geblieben, außerdem – ich glaube im Café, aber kaum in der nicht erst durch Dorothy Sayers berühmt gewordenen Mitre, in der Lord Peter Wimsey abzusteigen pflegte, wenn..., die damals noch, heute aber nicht mehr besteht, sondern nur noch als drinking establishment bezeichnet wird. – der sympathische Bart von David Hawks, die angenehme Zurückhaltung von Glen Dudbridge, und nicht überall, aber auf vielen Steinstufen Rembrandt Wolpert. Wir haben bestimmt gegessen, aber geblieben ist davon nichts. Mit meinen Eltern hatte ich übrigens Oxford und The Mitre schon – Fragezeichen – 1956 besucht, kurz nachdem Chruschtschew und Malenkow dort gewesen waren und Chruschtschew den Epsteinschen Lazarus in der Kapelle von New College als Blasphemie empfunden hatte. Überhaupt wandelten wir auf den Spuren dieser beider Herren und mussten an einer Kreuzung der Bondstreet mit einer anderen Straße warten bis ihr Konvoi vorbeigesaust war. Jemand fragte den diensthabenden Polizisten: „Why didn’t you arrest them?“ „They didn’t stop long enough.“ Aber Epstein war immer wichtiger als die Politik und das seit Oscar Wildes Grabmal auf dem Père Lachaise, das den Mann heraus aus der leichten Muse endgültig nach Reading Gaol verbannte und daraus befreite und möglicherweise in Anlehnung an den Engel über der Kanzel in Bradford-on-Avon von etwa dem Jahrtausend. Diesen findet man, wenn nicht vor Ort, auf Tafel 38 in Johnstone, William, Creative Art in Britain from the Earliest Times to the Present. London: Macmillan & Co. Ltd. 1950. Auch sonst traf natürlich damals zu, was Mr. Johnstone insinuierte, dass nämlich der Kontinent allenfalls William Blake und John Constable kannte.
Nach den Junior Sinologues machte ich mich auf meinen Fußmarsch nach Westen durch die Cotswolds. Wo ich Station machte, daran kann ich mich nicht erinnern, nur, dass ich mehrere Wegweiser nach rechts zu Roman Villas links liegen ließ, weil ich vernünftiger Weise daran dachte, ich müsste schließlich auch die 1.5 oder 2 miles wieder zurückgehen. Allerdings ist Bibury in meiner Erinnerung geblieben wegen William Morris und der Arlington Mill mit ihrem Freilichtmuseum. Offensichtlich brauche ich solche touristischen Höhepunkte, um mich nach knapp vierzig Jahren überhaupt zu erinnern. Schande über mich! Irgendwo sah ich bei dieser Gelegenheit die später brieflich gekauften gesammelten Werke von Wildenwey. Damals auch nutzte ich die Gelegenheit, Forelle gebraten mit Mandeln jeden Abend, wenn ich mich irgendwo niederließ, zu testen. An dem Abend nach Bibury war sie nicht durchgebraten, und das Fleisch löste sich nicht von den Gräten, was eine etwas brummige Zustimmung der Kellnerin provozierte.
Ich weiß, dass ich auch in Cirencister Forelle aß. James Bond las The Traveller’s Tree von Patrick Leigh Fermor, wenn er sich über die Karibik kundig machen musste. Das musste ich bis heute nie, und daher las ich vom selben Autor in der Penguin Ausgabe The Violins of Saint-Jacques. A Tale of the Antilles mit bis heute fortbestehender Zuneigung zu dem Autor, den ich abgesehen von Mani und Rumeli und seiner Fußwanderung bis nach Istanbul dann überrascht, aber kaum merkwürdig, in Auberon Herbert. A Composite portrait, edited by John Jolliffe. Tisbury, Wilts.: Compton Russell. 2nd Impression 1977 auf den Seiten 50 bis 55 wiederfand. Warum das, weil ich dann später in weniger entspannter Zeit in Cirencister für 2 £ eine etwas schäbige Erstausgabe der Violinen erwarb. London: John Murray. Derek Verschoyle 1953, ein Exemplar aus Boots Booklovers Library, aus dem leider die Entleihkarte im hinteren Einbanddeckel herausgerissen worden ist. Diese Ausleihbibliothek bestand bis 1966 und wurde von der mir unbekannten Rachel E Theobald verewigt.
Von Cirencister gelangte ich weiter nach Gloucester, konnte eine weitere Kathedrale abhaken, so nachlässig oder auch lässig formuliert, weil meine persönlichen Eindrücke völlig verblasst sind und ich die kunsthistorischen Besonderheiten dieser Kathedrale nur der einschlägigen Literatur entnehmen könnte, anders als im Falle der Kathedralen von Wells und Winchester, Ely und York, die ich idiosynkratisch in Besitz genommen habe. Aber dafür gibt es The Tailor of Gloucester. From the original manuscript. Written and Illustrated by Beatrix Potter. London – New York: Fredrick Warne & Co. Ltd. 1969 (Reprinted 1970) mit Versen wie “And there I bought / A pipkin and a popkin, / A slipkin and a slopkin, /All for one farthing – / And upon the kitchen dresser!”, aber Beatrix Potter ist für mich – und allgemein – dann doch eher The Lake District.
Hier sammelten mich übrigens Bergljot, Bjørn und meine Mutter wieder auf, und wir verfolgten das Ziel, das man nicht ausschließlich, aber doch gern hat, wenn man schon in dieser Gegend ist. Früher wäre es die Wanderung Offa’s Dyke entlang gewesen, ausgerechnet mit The Shell Book of Offa’s Dyke Path. London: The Queen Anne Press aus W.1, 49-50 Poland Street,zu dem es im Impressum eigentlich reizend schamig (coyly?) heißt: „While the author [Frank Noble] is here expressing his personal views and opinions, Shell-Mex and B.P. Limited is pleased to be associated with his book“, entweder von Chepstow Castle oder von Llangollen, Orte die ich kurz 1958 aufgesucht hatte, jetzt war es das Örtchen Hay on Wye, das es zwar nicht schaffte, selbständig zu werden, aber dank Mr. Booth eine Bücherstadt geworden war, nachgemacht in Wunstorf und Damme – oder wer hatte das Erstgeburtsrecht? Zehn Jahre brauchte ich, um zum ersten Mal dorthin zu gelangen und habe es auch nur einmal mehr gemacht, u.a., weil ich 1972 in Oxford einen Hinterhof fand, in dessen angrenzenden Gebäuden die Doubletten aus den Colleges verramscht wurden, z.B. erwarb ich dort den Lexikonteil von Hirths Documentary Chinese, ein ziemlich nützliches Opus, wozu in Taiwan nur die Übungslektionen nachgedruckt worden waren.
Heute sieht die offizielle website bezüglich Buchhandlungen in Hay-on-Wye so aus:
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Open 7 days a week
Mon to Sat 10.00am - 5.30pm.
Sundays 10.30am - 5.30pm.
Closed: 25th & 26th December and 1st January
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01497 821136

Ashbrook Garage
01497 821046
Backfold Books
01497 820171
Bookends
01497 821572

Boz Books
01497 821277
Broad Street Antiques & Book Centre
01497 821919
C. Arden Bookseller
01497 820471

Castle Drive Books
Francis Edwards
01497 820071
Greenways Corner Bookshop
01497 820443
Hay Castle Books – Ich habe vergessen, wo es was gab, aber das Schema der Booth’s Bücherläden, einschließlich der entweihten Kirche, war so, dass die 10d Bücher zusammenstanden usw. Bis 1 oder 2£, erst dann wurde es ernster, indem man nicht jedes Buch mehr in die Hand nehmen musste, um zu sehen, ob es nicht vielleicht doch etwas war, das man unbedingt haben musste. Damals hatte ich den Eindruck einer übermächtigen Dominanz des Gin-Erben, während der Rest sich Nieschen suchte. Heute?
01497 820503
Hay Cinema Bookshop
01497 820071

Hay-on-Wye Books (Trade)
01497 820352
Hay-on-Wye Booksellers
01497 820382

HCB Wholesale (Trade)
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Marijana Dworski BooksView our detail page
Language specialist: Grammars, dictionaries, linguistics, emphasis on the unusual.
Academic and travel books on Balkans, Russia, Eastern Europe, Central Asia with major collection on Russian Avant-Garde.
Monday to Friday 10am to 5pm.
By appointment or on-line only.
01497 820200

Mostly Maps.com
01497 820539

Murder and MayhemView our detail page
Specialists in Detective Fiction, True Crime and Horror.
Mon - Sat 10.30am to 5.30pm. Some Sundays. Closed: 25th & 26th December and 1st January
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Pembertons (New Books)
Official Hay Festival Bookshop.
01497 820159
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Rose's BooksView our detail page
Specialists in rare and out-of-print Children's and Illustrated books.
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Natürlich war es faszinierend und schön dort. Dieses erste Mal wohnten wir bed & breakfast bei zwei keltischen durchsichtigen rothaarigen Schönheiten, und neben diesen ist mir nur die Erinnerung geblieben an einen Atlas der walisischen Geschichte, den ich in diesem Moment nicht bibliographieren kann, weil er wahrscheinlich in einer Staubwischorgie verstellt worden ist. Natürlich war es mehr, aber ich musste auch Rücksicht nehmen darauf, dass die drei anderen so neugierig gar nicht waren, sondern eben nur nett zu mir. Ich kann mich nicht erinnern, wie wir weiter nach Norden gefahren sind, hinüber zur Küste oder doch durch das Land. Auf jeden Fall aber gelangten wir nach Anglesey. Bei dem Fischhändler in Menai Bridge kauften wir gekochten Hummer für ein Picnic mit Weißbrot und Weißwein auf der höchsten Erhebung über Holyhead. Der Fischhändler war im Krieg oder kurz danach in Norwegen gewesen und hatte dort eine Freundin zurückgelassen, von der seine Frau nie erfahren hatte. Bjørn wurde beiseite gezogen, eingeweiht und gebeten, Nachforschungen anzustellen. Hat er es getan? Aber das Picnic war erinnerungswürdig, und die Hummerschalen konnten späteren Ausgräbern Hinweise darauf geben, dass das Meer in unserer Zeit 200 m höher stand als tatsächlich – das punktuelle Wissen der Archäologen, es überdies natürlich eine plötzliche Erderwärmung gegeben habe, da die Hummer instantly erstickt und gekocht waren.
Abgesehen von einem kaputten Ventil in Manchester habe ich die Reise danach fast völlig aus den Augen verloren – not fair – wir schlenkerten einmal mehr bis nach York und schritten fast im Dunkel die Stadtmauer ab.
Ein schönes Englandjahr – oder doch teilweise Great Britain – war dann 1972, von dem ich im Zusammenhang mit Büchern immer mal wieder berichtet habe. Ich fuhr mit dem grünen Morris Midi oder einem etwas hellgrüneren Citroen – ich kann mich nicht mehr erinnern –, wohnte bei einem Pfarrer in einem kleinen Nest in Hants., von dem ich die Aussprache Sakidaides, die Anfangsgründe von Cockney und manches andere lernte, zu dem jedoch die Beziehungen sehr schnell abkühlten, als ich ihm aus Edinburgh eine Postkarte schickte mit der schottischen Ikone Rev. Robert Walker skating von Sir Henry Raeburn. Dort wohnte ich und fuhr zwei Monate nach London hinein zur SOAS, um das Archiv der London Missionary Society auszuschlachten, ein damals und ein paar Jahre vorher auch im damals noch am Victoria Embankment beheimateten Archiv der British and Foreign Bible Society akkumulierter, nur sehr sporadisch im Zusammenhang mit George Borrow und Manjurisch genutzter Fundus. Manches werfe ich, glaube ich, inzwischen durcheinander. War es in diesem Jahr, dass ich Geoffrey zum vorletzten Mal sah. Wir fuhren nach Oxford und punteten, wobei Geoffrey zu seinem und anderer Leute Vergnügen ins Wasser fiel. Klatschnass suchten wir eine seiner Freundinnen auf, die seine Kleider mühsam wieder trocken bügelte. Später kaufte Geoffrey einen Bungalow in Chichester, wo ich ihn das letzte Mal sah, verheiratet mit einem etwas dürren Wesen, so gar nicht seinem üppigen Ideal entsprechend, das er in Vigelandsanlegget in Oslo in Stein, Bronze und lebend genossen hatte. Er wollte in Chichester in der Nähe seines Segelboots leben, wenn er dann pensioniert wurde, und er fuhr jeden Tag etwa dreieinhalb Stunden nach London ins Foreign Office, mit dem Auto bis Petersfield und von dort mit dem Zug. Aus dem Pensionärsglück wurde nichts. Er starb schmerzhaft an Kehlkopfkrebs. Von seiner Frau, die immer nur irgendwie seine Frau blieb bekam ich 1976 zunächst anonym zugeschickt Virginia Woolf, Moments of Being. Unpublished Autobiographical Writings. Edited with an Introduction and Notes by Jeanne Schulkind. Published for the Sussex University Press by Chatto & Windus Ltd. 40 William IV Street, London WC2N 4DF [and] Clarke, Irwin & Co, Ltd, Toronto 1976. Dann aber – wie immer war ich schuldig – brach der Kontakt ab. Seinen Sohn Sheamus erlebten wir noch einmal Mitte der achtziger Jahre, als er uns auf der Durchreise nach Dessau zum Bauhaus in Berlin besuchte. Doch jetzt springe ich, obwohl ich immer noch im Jahre 1972 bin, in dem ich nach der SOAS Ferien bis nach Peterhead machte und mich nicht immer, aber sehr oft, die Forelle des Jahres 1971 ergänzend, ich denke ab Ely oder Wisbech durch Enten à l’Orange aß. Ich mochte das Schachbrettmuster von King’s Lynn und ließ mich weiter nach Norden fallen bis nach Boston, wo gerade der Jahrestag der Battle of Britain gefeiert wurde. Ich kletterte auf den höchsten Kirchturm einer englischen Gemeindekirche. Die Brüstung oben reichte mir bis an die Knie, unten tobte die Feier, und ich merkte, dass ich schwindlig wurde, kletterte vorsichtig hinunter und las unten ein erklärendes Schild, dass die Schwere des Turmes das Kirchenschiff auseinandergepresst habe. Seitdem kann ich nicht mehr hinuntergucken, ohne durchzudrehen. Aber inzwischen kenne ich seit dem vergangenen Jahr flüchtig auch das größere Boston, das seinen Namen begründet von hier genommen hat.
Zur eher flüchtigen Kathedralensammlung kam unterwegs auch Peterborough dazu, später Lincoln und zum dritten Mal York mit dem Glasfenster des einen Wurm aufpickenden Vogels und der Vorstellung eines überdachten Marktes, wenn die Stühle beiseite geräumt waren. Erst einmal an Edinburgh vorbei gelangte ich nach Aberdeen, dieser grauen Steinstadt bevor sie ein Zentrum der britischen Ölindustrie wurde. Dorthin begab ich mich, weil es an der Universität ein missionshistorisches Institut mit einem eigenen Newsletter gab, das mir auf meiner Schnitzeljagd nach Manjurischem jedoch bei allem Entgegenkommen eines Mannes, dessen Namen ich vergessen habe, nicht weiterhalf. Allerdings erinnere ich mich an das Kunststoffbettzeug bei einem professionellen bed & breakfast, wo es als Schlaftrunk einen Tee in der Gesamtgesellschaft aller Gäste und zweier Gastgeberinnen gab. In Peterhead, dem nördlichsten Punkt meiner Reise, umkreiste ich das Gefängnis in Erinnerung an schottische Kriminalromane von einem Autor Namens Black in den Goldmann-Taschenbüchern. In Edinburgh wurde ich dann eher komisch. Nicht nur konnte ich praktisch nur auf allen Vieren zu Arthur’s Seat hinaufkriechen, das war der Schwindel von Boston, der mich auch davon abhielt, später Mosaiken in Kilikien autoptisch wahrzunehmen, sondern vor Edinburgh besuchte ich unterhalb der Forth-Road-Bridge ein Schlösschen, in dem uns eine junge Dame in irgendwelche spezifischen Sticktechniken einführte, die keine Stickereien waren, sondern etwas, an das ich mich nicht erinnern kann, weil ich viel zu sehr damit beschäftigt war zu überlegen, wie ich sie zum Lunch einladen könnte, mich dann doch nicht traute und das Pech hatte, ihr sowohl in der National Gallery of Scotland (c.f. Raeburn u.a.) als auch mehrmals und nicht einmal beabsichtigt mit klappernden Holzpantinen auf der George Street zu begegnen. Zu dumm, in Edinburgh blieb ich dennoch allein, suchte das Archiv recht vergeblich auf, hatte aber ein ziemliches Vergnügen in der Bibliothek des New College, aber eher mit den Nachfolgern von Swan und Stallybrass als mit diesen. Gern hätte ich den Holzbuddha von Swan irgendwo entdeckt, in den man gegen einen Obolus einen Nagel einschlagen konnte (fund raising). Ich weiß nicht mehr, wieviele Tage und wo ich blieb. Abgesehen von der britischen Mission in Nordchina und der Mongolei, vergnügte ich mich mit einem Restaurant Namens Beehive, nicht mehr im Michelin des Jahres 2002, von der George Street aus irgendwo hinter der Zitadelle. Dort aß ich einmal vielleicht zu zivilisierten Haggis, so dass ich sagen kann, ich würde ihn wieder essen. Einmal hielt mir der Oberkellner meine scheinbare Jugend zu Gute, als ich mich erdreistete, etwas über den Fischgeschmack der Ente à l’Orange zu bemerken. Schließlich sei die Ente beste Qualität aus Polen. Da habe ich dann klein beigegeben.
Von Edinburgh überquerte ich den Hadrians Wall nach Süden, besuchte in Durham das sinologische Institut (Songzeitliche Musik plus Korea) und natürlich die Kathedrale, entdeckte bei mir eine übergroße Ähnlichkeit in Newcastle mit dem Lehrer aus L’emploi du temps, nahm an einem überaus stürmischen Nachmittag, als nur etwa 10% der Passagiere den Seegang vertrugen, die Fähre nach Oslo, las am windstillen nächsten Tag einen Dick Francis und gelangte am Abend nach Oslo. Das war der längste zusammenhängende Aufenthalt auf der britischen Hauptinsel, und an dieser Stelle habe ich die immer vergnüglichen Antiquariatsbesuche ausgelassen.