Montag, 24. Mai 2010

Anglophilie III

Es fällt mir schwer, meine Begeisterung für den Royal Botanical Garden und die daraus resultierenden Folgelasten zu verlassen. Hat jedes Genus eine eigene Zeitschrift? Einmal mehr hatte ich Freude an einem Beitrag im Internet aus dem American Primrose Society Journal vom Herbst 2005 (http://ksdev.net/horthistoria/?p=119), wobei mir nicht ganz klar ist, ob eine Judith M. Taylor die Autorin ist, die am Ende des Beitrags©2008 Judith M. Taylor erscheint. Danach gibt es ein Pantheon der Primula (primroses < prima rosa)-Sammler, zu dem Joseph Hooker, Ernest H. Wilson, Frank Kingdon Ward, Reginald Farrer, George Forrest, Heinrich von Handel-Mazzetti, Frank Ludlow und George Sherriff gehören. „Other men (and it usually was men) contributed and should be remembered with respect but these were the outstanding figures”. Abgesehen davon, dass China mit der Himalayaregion für die Primula-Sammler und –Forscher mit 78% aller Primula Species von besonderer Bedeutung ist, sind Primulae wohl auch darüber hinaus sehr wichtig. So heißt es z.B. über Ernest H. Wilson (1872-1930) in diesem Beitrag: „Ernest H. Wilson (...) was born in Chipping Hamden [Camden] in Gloucestershire and may be one of its most famous sons“,(das schreibt Wikipedia über notable persons from and in Chipping Camden: The author Graham Greene and his wife Vivien lived at "Little Orchard" in the town, Ernest Wilson, plantsman, was born on the town. Sir Percy Hobart, armoured vehicle strategist and commander of the 79th Armoured Division in the Second World War, came from Chipping Camden and led the Home Guard there during the war. - Beachte die stilistische Variationsbreit "at", "on" und "from") und über Reginald Farrer (1880-1920): „He too came from the upper class. His father was a rich Yorkshire dalesman and his mother a cousin of the Sitwells, great Yorkshire landowners and literary geniuses”. Besonders Edith Sitwell kultivierte ihr Genie ad nauseam, aber immerhin, auch wenn Reginald Farrer nicht in ihrer Biographie erscheint, ebenso wenig wie Arthur Waley, der ihr übrigens eines seiner chinesischen Gedichtsammelsuria, London: George Allen & Unwin Ltd. 1946 widmete. Zuerst dachte ich, ich hätte diesen Band, aber dann hatte ich es doch nur mit 170 (A Hundred and Seventy) Chinese Poems. London: Constable and Company Ltd. 1923 (= Second Edition, Third Impression) verwechselt. Allerdings enthält mein für 7/6 in der Shillingzeit erworbenes Bändchen die Unterschrift von Arthur Waley zierlich und höchst persönlich, eine Steigerung gegenüber dem Eichhornband mit dem ex libris van Guliks, den ich in sinologischer Zuneigung an Marie-Theres weitergab. Ein bisschen mehr habe ich schon von Arthur Waley, wenn auch nicht seine defensiones der Gedichte der Dame Edith. Oder war das die Revanche von Marie-Theres, die mit Erasmus in Venedig war? Denn: ich denke, aus dem Waley stammt die Visitenkarte „Old World Books. Al Ponte del Gheto Vechio, John Francis Phillimore, Cannaregio 1190, 30121 Venezia. Tel: (0039) 041 27 59 456 – venezialibri@yahoo.it. Andererseits geben mit die 7/6 dennoch zu denken. Das Stichwort China ist, falls erwähnt, in den Index nicht aufgenommen, so gibt es doch das Fünfte Kapitel „The Primulas had meant no Harm“. Der belgische Gärtner ihrer mütterlichen Großmutter in Londesborough, Ernest de Taeye „would have been like a dear lumbering bear had he not been completely bald, the result of touching a certain kind of primula. He spoke of flowers tenderly, as fathers sometimes (I suppose) speak of their children, and he touched them with equal tenderness – the primulas had meant no harm” (Sitwell, Edith, “Taken Care of, an autobiography”. London: Hutchinson Second Impresssion April 1965, S. 59. Um das Maß voll zu machen, das Titelbild gibt die Dame wieder, photographiert von Cecil Beaton. Was will man mehr?) Noch mehr aber gefällt mir, und es bräuchte kein Ende nehmen, aber nun doch als letztes: „Francis (Frank) Kingdon-Ward (1885-1958)“ (http://www.plantexplorers/biographies/kingdon-war...) „Oliver Tooley recounts the exploits of his grandfather, Frank Kingdon-Ward“, der verwandtschaftlich liebevoll seinen Großvater bneschreibt.
1976 war ich noch einmal zu kurzen Ferien in England. Zusammen mit Rana kamen wir an einem frühen Morgen in Harwich an und unsere Pässe wurden ausgerechnet von Joan, die als kleines Mädchen bei uns in Düsseldorf gewesen war, kontolliert. Wir blieben einige Tage auf den Norfolk Broads und wohnten so eben jenseits der Acle Bridge in Erinnerung meinerseits an Arthur Ransome natürlich, aber zusätzlich herrschte wunderbares Wetter, und wir erkundeten zahllose Sackgassen, die an stillen Wasserarmen endeten, erinnerlich noch Potter Heigham und Hickling Broad. An der Küste nördlich von Great Yarmouth und im Ort selbst vermischten sich dann die Kinder Arthur Ransomes (Coot Club, London – Toronto: Jonathan Cape 1934) mit David Copperfield Wir gondelten nach einigen Tagen nach Cambridge und aßen Döner auf der Straße, spazierten an der Cam, ich glaube, ich traute mich nicht, hauptverantwortlich zu punten, was ich 1958 hemmungslos und erfolgreich getan hatte. Bei Heffers waren wir bestimmt auch, aber erinnern kann ich mich nicht. Den voluminösen Needham-Band III/1 hatte ich dort bei einer früheren Gelegenheit „erramscht“. Wir übernachteten in Ely, und irgendwo stehen noch die Erinnerungen an den letzten Stand von Hereward the Wake auf der Isle of Ely von Charles Kingsley als Collins‘ Illustrated Pocket Classics Nr. 89, die in cloth 2/- net kosteten, in Leder das doppelte. Lawrence Norfolk bevorzugt das ebenso wässrige Usedom. Insgesamt bewegten wir uns auf den von mir längst eingefahrenen Wegen, vom Osten nach Hay on Wye, nach Bath, Winchester, wo wir in einem verwunschenen Bed & Breakfast unterkamen mit kleinen Kindern und freundlichen, leicht melancholischen Gastgebern. Nicht neu, aber seit vielen Jahren war ich nicht mehr in Canterbury gewesen. Anders als die Forelle in Ely mit gerösteten Mandeln, blieb der Gulasch in Bierteig in Canterbury bis heute in meinem Gedächtnis und ein Streitpunklt mit Rana über das gute oder schlechte Essen der Engländer – ich auf der Seite des doch manchmal Guten. Einmal mehr die Kathedrale, ich mochte T.S. Eliot nie - noch weniger nach der Besprechung des zweiten Bandes seiner Briefe im TLS vom 14. Mai 2010, aber the Murder in the Cathedral war mein Eindruck von Canterbury, mehr als David Copperfield – ich kann mich nicht erinnern, dass die Kathedrale darin überhaupt genannt wird – oder wohnten zuerst Uriah Heep und später die Micawbers in ihrer Nähe? Allenfalls die Dohlen, die in seinen Türmen nisteten, flogen zur Schule herüber, die David/Trotwood besuchte, und das Leben in Canterbury muss recht schwerblütig gewesen sein, denn am Ende des Buches ist Dr. Strong in seinem Lexikon beim Buchstaben „D“ angelangt.
Aber bevor wir nach Canterbury kamen, um am nächsten Tag das einzige Mal in meinem Leben mit einem Hovercraft zum Kontinent überzusetzen in Lille Andouillette zu essen, waren wir noch ein wenig weiter im Süden Englands, hakten in St. Albans so etwa meine letzte englische Kathedrale ab, waren in Oxford, einmal mehr durchquerte ich die Cotswolds, allerdings nicht zu Fuß, schlugen einen Bogen bis nach Wales hinein, wo wir nahe von Brecon bei Sheamus MacBride übernachteten, zusammen mit seinen Fernfahrer- und sonstigen Freunden, es wirkte, als sei er fast ungewollt Schutzengel aller, die nie Wurzeln geschlagen hatten.
Wenn ich mich zu entsinnen versuche, wann und wo meine Anglophilie gelegentlich auf die Probe gestellt wurde, so war dies noch früher, nämlich 1961, auf Paros, oder durch den noch nicht achtzehn Jahre alten jüngsten Sohn des Pfarrers in Hartley Wintney. Eine Herausforderung war oft auch das Bettzeug in Hotels oder Bed & Breakfast-Plätzen.
Nach 1976 ließ der Drang nach England dann aber doch ein wenig nach, zweimal anlässlich kleinerer Tagungen, zum zweihundertjährigen Bestehen der British and Foreign Bible Society. Wo ich die junge Archivarin der siebziger Jahre zwar nicht wiedererkannte, aber doch traf und wieder ihre ungekünstelte Hilfsbereitschaft mochte und zu etwas Manjurischem in diesem Jahr. Bei dieser Gelegenheit gefiel mir vieleicht am besten die Entschuldigungsplakette der University of London am Brunei House, das ohne vorherige Konsultation mit der Familie Russell errichtet worden war. Und einmal noch im New Forrest in Erinnerung an die Kinder dort.
Das ist jetzt etwas knapp geworden, leider auch dank meiner eigenen Torheiten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen