Samstag, 10. August 2013

Hendrik van Bergh




Hendrik van Bergh

Inzwischen habe ich die Gelegenheit ergriffen, auch einen Krankenhausaufenthalt dazu zu nutzen, zur Entsorgung vorgesehene Bücher zu lesen bzw. abzuhaken. Dazu gehören die Botschafter des Papstes, ein Buch, von dem ich nicht weiß, wie es überhaupt in meinen Besitz gelangt ist. Vielleicht in einem Anfall von Schwachsinn in Vorinternetzeiten erramscht? An keiner Stelle kann ich erkennen, dass es einmal eine Versuchung bedeutet haben könnte Erst die Lektüre erweiterte meinen Wortschatz um ein Wort, die Concubinarii und meine Geschichtskenntnisse um Gebhardt Truchsess von Waldburg, den 72. Erzbischof von Köln, nicht aber wie eine Internetbemerkung behauptet um die Nuntii des 20. Jahrhunderts, auch wenn ich in dem Alter bin, in dem mir der Name Eugenio Pacelli nicht nur wegen Rolf Hochhuth noch geläufig ist. Im Gegenteil schwelgt der Autor in den Jahren um 1600, da es dazu offensichtlich einen überschaubaren Fundus an solider Historiographie gibt.
Anfang der neunziger Jahre erzählte mir ein sehr guter Freund, dass er ein altes Buch gelesen habe. Von wann? Von 1984. Obwohl von all den unten aufgeführten Publikationen van Berghs ich allein die Botschafter... gelesen habe, wage ich doch zu behaupten, dass die anderen ähnlich gestrickt sein werden, schnell, allzu schnell geschrieben, so dass viele Daten nicht nachgeprüft werden können, viele irrelevante, aber störende Schreib-/Tipp-/Setzfehler erscheinen.
Dennoch sind solche Bücher nicht ganz ohne Verdienst, auch wenn das Gelesene nicht die Aufmerksamkeit des Papstes Johannes Paul II. verdient hat. Es sind Sachbücher, die ganz schnell eine kurze Neugier befriedigen, ein wenig den MacDonald-Produkten des Buchwesens ähneln, frisch, aber von allzu kurzer Lebensdauer. Abgesehen von der Momentaufnahme bloße Verschwendung. Also tatsächlich und ohne Trauer entsorgbar.
Es folgt eine Liste der van Bergh’schen Publikationen, die, fürchte ich, nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Sie ist aus dem Internet zusammengeklaubt, doch zeigen die Titel nach meiner Überzeugung, was ich meine.

 

Freitag, 9. August 2013

Gabor von Vaszary



Gábor von Vaszary
Als es mit den rororo Taschenbüchern begann, kauften meine Eltern nicht alle Bände, die erschienen, von den ersten 21 Nummern nach meiner Erinnerung nicht Balzac (Nr. 6), weil dieser in verschiedenen französischen und deutschen Ausgaben vorhanden war, nicht Radium (Nr. 8) von Rudolf Brunngraber, nicht Auf Wettfahrt nach China (Nr. 9) von Neil Peterson und nicht Wendemarke (Nr. 21) von William Faulkner, warum diese nicht, kann ich nicht sagen, wahrscheinlich eine Mischung aus Desinteresse, Nichtwahrnehmung und Zufall. Die in Nr. 20, nämlich Monpti von G. v. V., genannten in Kürze erscheinenden Titel wurden alle gekauft und von allen gelesen, einschließlich Percy auf Abwegen von Hans Thomas (i.e. Hans Zehrer). Von den beiden anderen annoncierten Rowohlt-Bänden, Der Trinker von Hans Fallada und Amerika Tag und Nacht von Simone de Beauvoir kaufte ich 1956 das letztere in seiner zweiten Auflage von 1952 für meine Mutter mit einer mir heute unverständlichen Widmung für den 13. Mai 1956.
Eine weitere ganzseitig Annonce, als am Ende des Buches Monpti zu Fuß die Richtung zum Hotel Riviera einschlägt, gehört dem J.P. Toth Verlag – Hamburg, der laut Impressum alle Rechte an Monpti besaß, mit drei seiner Publikationen. Im Internet suchte vor wenigen Jahren jemand Informationen über den Toth Verlag und bekam die etwas patzige Antwort, er solle den Börsenverein fragen. In einem anderen Zusammenhang heißt es: „In die Reihe der Verlage, die nicht mehr existieren, zählt auch der J.P.Toth Verlag aus Hamburg mit ebenso reichem Angebot nach dem Krieg.“ (http://www.kulturexpress.de/848.htm) (aufgerufen am 6. August 2013). Aufgrund des Namens, aber auch des Verlagsprogramms war dies fraglos ein Verlag mit heftigen ungarischen Wurzeln, der u.a. 1943 einen Band herausgab Nikolaus von Horthy Admiral, Volksheld und Reichsverweser, aber keineswegs nur diesen. Von den hier annoncierten Büchern aus dem J.P. Todt Verlag, Margravou [i.e. Marcel Gravouille], Die rote Viper, [William] McFee, Die Morgenwache und Lajos Zilahy (http://en.wikipedia.org/wiki/Lajos_Zilahy und http://www.sk-szeged.hu/statikus_html/vasvary/newsletter/08jun/zilahy.html) (aufgerufen am 5. August 2013), Die goldene Brücke ist allerdings nur das letztere ungarisch, überdies 1956 verfilmt mit Curd Jürgens, Rurth Leuwerik und Paul Hubschmid.
Der rororo-Band Monpti ist eigentlich zur Entsorgung vorgesehen. Der Umschlag von Karl Gröning Jr. und Gisela Pferdmenges scheint mir nicht so geglückt wie viele andere von diesen beiden, sondern einen dem Buch nicht gemäßen süßlichen Charakter wiederzugeben. Das säurehaltige Papier zerbröselt unter unaufmerksamen Fingern, und schließlich insinuiert der Name des Autors ein wenig den allzu leichtgewichtigen Boulevard, und die Csardas-Fürstin ist noch nicht wieder Mode. Gleichzeitig fehlt ihm die adelnde Merkwürdigkeit eines Fritz von Herzmanovsky Orlando oder  dann einerKlaralinda Ma-Kircher und eines Wendelin Schmidt-Dengler.
Nachdem ich nach sechzig Jahren Monpti wieder gelesen habe, fällt es mir jedoch schwer, mich davon zu trennen, womit ich nicht ganz allein zu stehen scheine. (Susanne Schmetkamp, 29.09.2008, ZEIT ONLINE; http://www.heim2.tu-clausthal.de/~kermit/autoren/vaszary.shtml) (aufgerufen 4. August 2013). Doch bin ich mit Frau Schmetkamp nicht in allen Punkten einig. Zunächst ein äußerlicher, der sich auf die frühen rororo-Sitten bezieht: Die von ihr erwähnte Abstimmung von Text und Werbetext stimmt, doch ist es zumindest in meinem Exemplar zwischen S. 104 und 105 eine Zigarettenreklame, auf der ein junger Mann dem Text auf S. 104 entsprechend eine leere Milchflasche in der Hand hält, um für das Pfand Zigaretten zu kaufen. Eine Häuserwand verrät den Namen der gewünschten Zigarette: FOX. Le grand plaisdir pour les fumeurs. Le goût du monde. Übrigens scheint die selbe Dame den Roman im Paris der fünfziger Jahre anzusiedeln, was gewiss unzutreffend ist. Mich selber befriedigt zwar im großen und ganzen die vom Autor angefertigte deutsche Übersetzung – wenn ich so gut ungarisch könnte wie er deutsch! – aber die glücklicherweise nicht insgesamt durchgehaltene Übersetzung Pariser Straßennamen missfällt mir sehr wohl. Wer geht, wenn er in Paris ist, jemals die Sankt-Jakob-Straße hinauf?
Sicherlich wäre die Frage des Geburtsjahres von G. v. V. in einem einschlägigen Archiv zu lösen. Mir erscheint jedoch das spätere Datum (1905) plausibel, da das Gefühlsleben in Monpti dem eines sehr jungen Erwachsenen zu entsprechen scheint, wissend bereits, aber ohne allzu viele Erfahrungen, was beides in einem diskreten inneren Dialog, in dem der Witz die drohenden Spitzen kappt, seinen Ausdruck findet. Darüber hinaus löst der Tod der Protagonistin verschiedene fiktionale und reale Probleme. Einerseits wird die Phantasie aus der scheinbaren Realität entfernt, zum anderen wird das ewige Problem einer Mischverbindung kurz angesprochen, dann aber stillschweigend aufgelöst.
In einer Altmännerstimmung halte ich den Text Vaszarys auf verschiedenen Ebenen für wahrhaftig und klug – und selbstverständlich elegant. Meine Absicht, den Text zu entsorgen, muss ich zurückstellen. Vor einigen Jahren dachte ich, es auf dem Flohmarkt für vier € anzubieten, dieses zerbröselnde Bändchen, allerdings bisher ohne Textverlust.