Sonntag, 18. November 2012

Vernissage



Vorvorgestern war ich zur Eröffnung einer Photoausstellung (Sammlung Bogomir Ecker) im Museum für Fotografie in der Jebensstraße 2. Eigentlich war das Wetter viel zu kalt, um sich hinauszuwagen, aber die direkte Zufahrt mit der U 9 war zu verführerisch. Außer uns hatten sich etwa fünfzig Personen – photographisch Interessierte oder sogar Kenner, Leute, die immer gehen und solche, die wie ich ihr Fernsehprogramm erweitern wollten – eingefunden. Allerdings hätte die Ausstellung nur Ersatz für das öffentlich-rechtliche Samstagsprogramm gewährt, und es war nun mal Donnerstag, der konventionelle für den Wechsel des Kinoprogramms eigentlich vorgesehene Eröffnungstag. Und wir wissen jetzt, dass es ein solches Museum gibt.
Empfangen wird man im Foyer von vier wohl Newton’schen Ganzakten, recht unerotisch in Übergröße und säkularer als die Dürerschen Apostelbilder, begrüßt wurden wir nach einem akademischen Viertel Wartezeit auf halber Höhe der geschwungenen Freitreppe von drei sogenannten Einführungsvorträgen, die abgesehen von ihrer wohltuenden Kürze trotz eines „photographischen Weltauges“ die uninformativsten waren, die ich, glaube ich, je gehört habe. Sie machten alle drei ganz überwiegend Werbung für den Katalog zu € 42.
Dann wurde für uns das oberste Stockwerk freigegeben, wo wir den Dialog einer übergroßen eingefärbten Marshmellow-Plastik mit den Photographien an den Wänden, die dort unter dem Motto „Idylle und Desaster“ aufgehängt worden waren, erleben sollten. Meine Altersschwerhörigkeit hinderte mich daran, den Dialog zu hören. Die Idylle sollte u.a. wohl durch Photos norwegischer Wasserfälle, die ich ein halbes Jahrhundert später leibhaftig und häufg sah, von einem Knud Knudsen vertreten werden, das Desaster waren Photos aus dem amerikanischen kriminellen Leben, offensichtlich Polizei- und Pressephotos ungefähr von 1940 bis 1960. Das hätte für sich genommen eine eindrucksvolle und überschaubare Ausstellung werden können, die man immer noch unter mehreren Aspekten hätte betrachten können, u.a. dem der professionellen Auftragsphotographie oder der Verwerfungen der amerikanischen Soziokultur. Schade war es drum, und so ließ ich mich auf einer der wenigen Sitzgelegenheiten nieder, bestarrte einen photographierten Wetterballon und registrierte die weitestgehend fehlende Mode der Besucher. Und woher hatten ein paar junge Besucher am Ende vor der Tür das Flaschenbier?

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