Montag, 23. Februar 2015

Drei Autorinnen und zwei männliche solche



Helene von Nostitz, Aus dem alten Europa. Rororo Taschenbuch Ausgabe September 1964. 154 S.

Auf einigen Internetseiten wird sie als „Saloniere“ bezeichnet, nach Wikipedia Falschschreibung für Salonnière. Auch wenn dies eine gebräuchliche, wenn auch offensichtlich seltener gebrauchte Bezeichnung zu sein scheint, hört es sich doch an wie eine weitere Liegestatt neben der Requamière und Ottomane, sicher ist aber gewiss, dass Helene von Nostiz zumindest in Berlin, Weimar und Dresden einen literarischen und künstlerischen Salon führte. Dies scheint in ihren Erinnerungen zu einem ein wenig zu heftigen name-dropping zu führen, wobei ebenso gewiss wiederum Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke und Auguste Rodin offensichtlich nicht zu den droppings gehören. Dies mag auch für andere gelten, erkennbar wird es in den Erinnerungsskizzen nicht. In das Musée Rodin schleppte mich 1952 meine Mutter stundenlang, während meine von ihr weniger verwöhnte Schwester sich im Garten ausruhen durfte, von Hofmannsthal las ich 1957/58 wegen meiner ersten ernsthaften Tanzstundenfreundschaft, Rilke mochte ich nie, traf aber sein Denkmal im Garten des Hotels La Reina Victoria in Ronda – bei Helene von Nostitz wird nur Toledo aufgegriffen, als ich 1963 eigentlich auf den Spuren der „Vier Gerechten“ von Edgar Wallace wanderte.
Mein Flunsch beim Lesen verwandelte sich allerdings auf den Seiten 82 bis 102 in fast physische Schwermut. Die „Wiener Notizen aus den Kriegs- und Revolutionsjahren“ fanden selbst noch 1960 in Wien ihre Fortsetzung. Deswegen lohnte die Lektüre (für mich).

ElizabethBowen [1899-1973], The house in Paris. Harmondsworth: Penguin Books 1946 (11935) (Penguin Books 535) und
Rose Macauley [1881-1958], The world my wilderness. Harmondsworth: Penguin Books 1958 (11950) (Penguin Books 1257)

Mein Vater bedauerte, dass die Deutschen in der Regel nicht so erzählen können wie die Briten. Das scheint mir auch für diese Sterne zweiter Größe zuzutreffen. Dies dürfte die wichtigste Gemeinsamkeit dieser beiden Romane sein, auch wenn beide eine franco-britische Szenerie ausbreiten.
Mein Hauptproblem bei Frau Bowen war, wie man wohl auf Englisch den Familiennamen „Michaelis“ ausspreche. Ihre Hauptpersonen abgesehen von den Kindern Henrietta und Leopold, sind Karen Michaelis, Max und Naomi Fisher, und vielleicht wird Leopold aus dem menschlichen Durcheinander gerettet.
Bei Frau Macaulay ist der involviertePersonenkreis recht groß, auch wenn gewiss Barbary, das Mädchen mit den trostlosen (Vergewaltigung) und verantwortungslosen Erfahrungen aus dem Maquis die wichtigste ist. Unterschiedliche Charaktere und Schicksale stoßen kaum immer glücklich aufeinander. Die Seelenqualen bzw. Bewältigungsmechanismen sind offensichtlicher und universeller als bei den Personen Frau Bowens, die kaum jemals aus ihrem eigenen Schatten heraustreten.
Beide Bücher scheinen den Lebenserfahrungen und –weisen ihrer Autorinnen zuordenbar, was man vielleicht nicht sollte, aber durch ihre Offensichtlichkeit wird man zu dieser Konjunktion fast gezwungen.

Ein drittes Penguin Bändchen ist
Lionel Trilling [1905-1975], The middel of the journey. Harmondsworth: Penguin Books  1963 (1USA 1947) (Penguin Books 1923), ein intellektueller (Schlüssel)roman, dessen handelnde Personen nicht wirklich leben, sondern von des Gedankens Blässe leicht mumifiziert erscheinen.

Auch Siegfried Sassoon, Memoirs of a fox-hunting man. London – Paris: The Albatross Ltd. 1947 (4975), eingeordnet sub Purple Volumes: Biographies and historical novels, besser vieleicht aber als biographical novel zu benennen, mit den diskreten und dennoch intensiven Hintergrungsgeräuschen des Ersten Weltkriegs, ist dem Zahn der Zeit erlegen, nachdem der Block mehrfach gebrochen ist. Ebensowenig wie der Hinweis, dass eine solche Ausgabe not to be introduced into the British Empire or the U.S.A. ist, vermögen die Schäden dieses Exemplars, das gedämpfte Vergnügen bei der Lektüre zu mindern.

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