Samstag, 22. Januar 2011

Lesender Weise 15

Die Professur zum Nachweis der Notwendigkeit von Utopien
Auch eine solche Ausschreibung machte Sinn, auch wenn sie aus dem Augenblick heraus geboren wurde, als die Nachricht lanciert wurde, die Stuttgarter Akademie für Technikfolgen-Abschätzungen solle geschlossen werden, die so herausragende Ergebnisse publiziert hatte, wie die größere Angst vor Rinderwahn als vor dem Rauchertod – sollte man einer Neunzigjährigen das Rauchen verbieten? –, die größere Angst vor einem Klimawandel als vor dem täglichen Verbrechen, ganz zu schweigen von der möglichen, jedoch seltenen Gefahr, selbst in der unbefangeneren chinesischen Hochkultur Opfer von Kannibalismus zu werden. Es hatte die Unlust der jungen Bevölkerung untersucht, Ingenieur oder Naturwissenschaftler zu werden, den Wunsch des amerikanischen Präsidenten nach einem Häuschen auf dem Mond. Natürlich sollten die Gütersloher Konzepte straffer formuliert und (hoffentlich) auch durchgeführt werden. Nach Klärung der Landeplätze der Nazca-Indianer sollten mit dem notwendigen Zukunftsoptimismus erklärungsbedürftige Produkte aus Medizin z.B. zur Steuerung der Comt-Gene, aus der Finanzwelt oder ... eingeführt werden, die neuen Techniken in der Nano- – diese vielleicht gar als Amalgamwissenschaft noch ein nucleus – und Gentechnologie ebenso auf ihre Möglichkeiten und Gefahren abgeklopft werden, um die Ängste von Prinz Charles zu zerstreuen, ebenso wie die gesetzlich sanktionierte Erlaubnis, Tötungsverlangen zu befriedigen oder radikalere Überlegungen zur Bewältigung des Rentenproblems. Man wird den Überlegungen von He Zuoxiu zur Ausweitung des Konzepts des Hirntods nachgehen, wenn man nämlich den Hirntod als Tod akzeptiert, kann man auch die Tötung eines Embryos, dessen Gehirn noch nicht voll ausgebildet ist, bis zu einer gewissen Frist zulassen und diese unter Berufung auf Paolo Zacchias Beseelung des menschlichen Fötus widerlegen. Auch in diesem Falle war der unmittelbare Kontakt zur Politik im Interesse ihrer Protagonisten zwingend, diesen klar zu machen, dass Wirtschaftsprognosen nicht Wahrsagerei sind, nicht jeweils verschiedene Daten, sondern unterschiedliche Bewertungen zu divergierenden Aussagen führen. Man wird sich an der Suche nach der meiststelligsten Primzahl und solchen paarigen ebenso beteiligen wie an der Suche nach Genomen, die noch kleiner sind als die im Erbgut des Picrophilus torridus. Dies war gewiß die Professur mit der größten zu erwartenden Öffentlichkeitswirkung. So nah an der Realität mußte ihr Inhaber, mit großer Gewißheit Professor Schneider, fast täglich den politischen Entscheidungsträgern Deutschlands und der Welt zur Seite stehen.
Bei Abendessen mit den beratenden Kommissionen, in den Fraktionssälen unter den Abgeordneten, Ministern und Schattenministern mit strahlenden Augen, großem Selbstverständnis und gar nicht zu seinem souveränen Auftreten passender Stimme, die den Stimmbruch nicht überwunden hatte, wurden später die Forschungsergebnisse, oder, wenn es an diesen mangelte, die neuen Forschungsthemen verkündet, und sie flossen in die politische Arbeit, in die Planungen ein und initiierten immer neue Kampagnen, während Professor Schneider kurz nach Gütersloh zurückkehrte, in dieses stille intensive Refugium der Forschung, um die neuesten Ergebnisse einzusammeln.
Dieser Professur oblag auch die Aufgabe, den elitären Nährboden durch Reformen des Schulwesens zu schaffen und eine Lösung für die Realisierung der Forderung, immer mehr Inhalte in eine kürzere Schulzeit zu stopfen, zu finden, über Rezeptionsästhetik und Intertextualität und Performitivität aufzuklären und dazu beizutragen, dass Reformen immer nötig sein würden. Alle sprachen sich für diese Notwendigkeit aus, auch wenn Professor Schneider so heimlich wie möglich nach einer Schule alten Stils für seine Kinder zu suchen begann.
Auf den Sinn einer solchen Professur kam man bald nach einem Vortrag von Emil Du Bois-Reymonds, der mit den Grenzen der Wissenschaft dieser den notwendi¬gen Freiraum schaffen wollte. Die versammelte Gütersloher intellektuelle Elite hörte sein ignorabimus. Und je nach Veranlagung sollte dieses Hindernis mit den Mitteln des Spiritismus und der Parapsychologie, durch einen kirchenrechtlichen Prozeß oder eben durch die Errichtung veränderlicher Grenzen überwunden werden.
Nicht nur Frau Siborska scheiterte ein weiteres Mal, sondern betrüblich, wenn auch verständlich, David Hieronymus Grindel. Dieser hatte Pharmakognosie studiert, war Professor geworden, Rektor seiner Universität gar, bis er sich entschloß, noch jung an Jahren in das studentische Dasein zurückzukehren und ebenso erfolgreich Medizin studierte. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder roch die Gefahr, die von einem solchen Menschen für die Bewahrung ihres eigenen Status ausgehen konnte. Und van Groningen fragte, ob die Allegheny-Berge von“Allah geniş“ – Gottes Grőße ihren Namen erhalten haben kőnnten. Van Groningen fragte immer, so auch nach dem Sinn der Doerferschen Behauptung, dass in der chinesischen Schrift –l und –t sehr ähnlich seien.
Diese Professur könnte als weitere Kernprofessur der Global Governance ange¬sehen werden. Zunächst hatte man im Gründungssenat davon gesprochen, ein Institut für die Wissenschaften vom Menschen als flankierende Professur zur Global Governance einzurichten, verstanden als Institution innerhalb einer westlichen Bürgergesellschaft mit republikanischem Ethos auf der Folie der Krise des Sozialstaats, samt zerbrechendem Konsens über die Umverteilungsmodalitäten innerhalb einer globalisierten Marktwirtschaft. Karl kannte ein derartiges Institut aus Wien, das geschaffen worden war, weil schon durch seine Gründung der Austausch von Wissenschaft und Praxis, von Denken und Politik effizienter, vielleicht sogar erfolgsträchtiger geregelt wurde. Sehr schnell hatten politisch bewegliche und aktive Leute bemerkt, dass sich hierdurch nicht nur ein Netz von Informationen, sondern auch von persönlichen Beziehungen aufbauen ließ. Und so waren Namen wie der des damals noch deutschen Außenministers Joschka Fischer und des damaligen Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen, Kurt Biedenkopf, sehr bald mit dieser Institution verknüpft. Dennoch entschied man sich sehr schnell gegen die Übernahme des Wiener Modells, um nicht einen verspäteten Lysolgeruch in die Johannes-Universität dringen zu lassen. Und man wandte sich an die jüngere Garde internationaler Politiker, um die geschliffene diplomatische Polyglottie eines Ian Figel zu genießen und zu nutzen. Sehr früh schon lancierte Inez Jentner für diese Professur Frau Siborska. Und van Groningen fragte einmal mehr, ob Alabama nicht „Allah bamya“ – Gottes Friedhof bedeuten kőnne.

Sluggan gehörte zum Netzwerk aller internationalen Konferenzen, aus denen die Fachleute der UNO rekrutiert wurden, und Sluggan hatte nicht nur den Namen sei¬ner berühmteren mütterlichen Vorfahren angenommen, die vor tausend Jahren Dublin mitregiert hatten – sonst wäre er ein lächerlicher James gewesen und seine trojanische Herkunft wäre verborgen geblieben. So brauchte er nur seinen unionistischen Urgroßvater unterschlagen, der aber global genug war, um 1894 in der American Antiquarian Society einen Vortrag zu halten „The Past in the Present in Asia“, in dem er die Beziehung aufzeigte, die zwischen modernen Werkzeugen und Methoden und den alten immer noch in Transkaukasien angewandten bestand, vergleichbar mit dem Ausspülen von Druckköpfen in klarem Wasser. Mit dem Spürsinn des Globalisten, der die Bedeutung des Parochialismus erroch, hatte Sluggan den mütterlichen Hintergrund in die überregionale irische Zeitschriftenlandschaft gebracht, z.B. mit einem Artikel über das mittelalterliche Dublin und sein Wicklower Hinterland, er hatte die irische Karte im fernsten Asien gezogen mit einem überaus erfolgreichen Beitrag zu einer Unabhängigkeitskonferenz „The Ballot and the Bullet“ und einen weniger ausgefeilten zum Aufstand von 1798 in County Down gehalten, indem er nicht nur sich selbst mit Robert Emmet und der Anti-Apartheid-Bewegung identifizierte, sondern den irischen Unabhängigkeitskampf zum nachahmenswerten Vorbild, nein Paradigma gelungener Unabhängigkeitsbewegungen erhob. Oft ließen sich Wahrheit und Mythos in der Sluggan’schen Selbstkonstruktion nicht unterscheiden. Waren es seine eigenen Erinnerungen an Colleville-sur-Mer und an Wicklow? War Maud Gonne auf verschlungenen Pfaden schließlich doch seine Urgroßtante? Sehr viel typischer irisch konnte er kaum sein. Sluggan hatte auch die Welt bereits in Bosnien, Kambodia und Sri Lanka in Ordnung gebracht, jedes Mal in einem neuen Jahrhundertwerk zur Konfliktforschung im Rahmen einer Neubestimmung des Versöhnungsbegriffs Lösungen angeboten, die jeder ernsthafte Ethnologe ungehört widerlegen hätte können. Besonders berühmt hatte ihn sein Buch über den Genozid in Kambodia gemacht, so dass man nach der Lektüre überzeugt war, er habe gar nicht stattgefunden. Es stand im Bücherschrank jedes Politologen und hatte die Welt wieder schöner gemacht, ohne den Utopisten ihre Aufgabe zu nehmen. Auch wurde bereits die Werbetrommel geschlagen für sein nächstes bereits im Druck befindliches Buch The English Taliban Movement During the Sixteenth Through to the Mid-Seventeenth Century, so dass heute von abertausenden Holzkreuzen des englischen Mittelalters nur mehr die Fragmente von vieren aus abgelegenen Dorfkirchen erhalten sind. Alle englischen Marien sind Opfer der englischen Ikonoklasten geworden, so dass auch die Kirche in Burford erst ab 1650 langsam wieder zum Leben erwachte. Dieses Werk wurde später von ihm als Vorarbeit zu seinem Jahrhundertwerk Die postnationale demokratische Gerechtigkeit erklärt, in dem er sich zum Sprecher all derer machte, die einen Weg zur Rettung vor dem amerikanischen Fundamentalismus suchten. Er hatte seine zweifellos witzigen Seiten, wenn er entgegen seinem gegenwärtigen politischen Verständnis die wissenschaftlichen Leistungen der imperialistischen Mächte in ihren Kolonien während des 19. Jahrhunderts pries. Doch brauchte er sie als Folie für seine Kritik an der amerikanischen Politik. Witzig war er auch in der Auswahl seiner Gastredner, als er z.B., als die Erinnerung an das fußballerische Weltereignis noch nicht verblaßt war, Otto Hartge einlud, einen seiner sportkritischen Vorträge zu halten: „Das Überhandnehmen des Sports verlangt, dass wir gegen dessen Auswüchse vorgehen. Der europäische und internationale Sportbetrieb erinnert peinlich an die Zeiten des römischen Verfalls und hat einen großstädtischen proletarischen Zug bekommen. Und so versagt der Sport als Erholungsmittel. Im Gegenteil stählt der moderne Sport nicht, sondern verweichlicht häufig. Er gewöhnt den Mann an verfeinerte Körperpflege und verwöhnt ihn durch die raffinierten Zurichtungen des Platzes und der Geräte.“ Die oft bereitwillige Zustimmung der Zuhörer zu solchen Äußerungen wurde immer wieder wegen der fehlenden politischen Rücksichtnahme verhindert.
Warum wurde nicht eine Professur für Konflikt- und Institutionenforschung ausgeschrieben? Es hätte wunderbar in die allgemein angestrebte globale Interkulturalität gepaßt. Mit dieser Professur sollten die Probleme erfundener Rechte, der Menschenrechtsdebatte in ihrer globalen oder partikularen Ausformung, die zwingende Interdependenz von Zivilgemeinschaft und Multikulturalität gelöst werden. Daher wurde sehr bald der Campus der Universität über alle Vorstellungen hinaus erweitert, als vertraglich vereinbart werden konnte, Absolventen rechtsrelevanter Teilstudien auf die Werkbank der Welt, nach China, zu schicken, wo man bereits seit Jahrzehnten Rechtsreformen initiierte unter Beibehaltung mittelalterlicher Beziehungsgeflechte und Vertrauensvorschüsse, die man als guanxi-Verhalten für neu und typisch konfuzianisch erklärte. Und Sluggan hatte sich bereits mit dem Gründungsversuch einer Graduate School in Delmenhorst mit eben diesem Ziel hervorgetan. Und gegenwärtig arbeitete er an einem grundlegend erschütternden Werk, in dem er den Ansatz der „Fifth Province“ entwickelte, fort von Kolonisierung, fort vom Monolog, hin zur Sozialkontrolle und Therapie, hin zum Dialog. Doch konnte Karl den Gründungssenat überzeugen, dass Gütersloh nicht nur die wichtigen Inhalte vermitteln müsse, sondern diese auch in neue Schläuche füllen müsse. Ihm gefiel die Vorstellung des Professors oder der Professorin als Schlauch, Behältnis im Sinne des Konfuzius: Der Edle ist ein Gefäß. Aus diesem strömt Wissen und richtiges Verhalten.
Gewiß zählten auch ökologische Fragestellungen – und nicht nur, wer letztlich am Dosenpfand verdiente – zu den Aufgaben dieses Lehrstuhls, zur Desertifizierung Spaniens dadurch, dass fast ganz Andalusien, vor allem natürlich Almería, unter Plastikbahnen begraben war und der Ebro nach Süden umgeleitet werden sollte, den Nutzen der Subventionen für den Olivenanbau, die dazu führten, dass man nicht mehr Terrassen anlegte, sondern die Bäume direkt am Hang pflanzte, so dass der erste seltene Sturzregen, Bäume, Erdreich und erarbeiteten Wohlstand davonspülte, oder aber auch besonders wichtig Forschungen zur Bedeutung der Konzentration von Diplopterol für die Erderwärmung.
Ergänzt werden mußte dieser nucleus durch eine weitere Professur zur chemischen Ökologie. Einmal mehr gab es Leute, die Leute kannten bzw. fördern wollten, die sich über den Citation-Index vorgearbeitet hatten, und so ihre Freunde aus Buffalo, Bonn, Pullman und Missoula zu einem Arbeitszusammenhang zusammenfügen konnten mit so schönen Namen wie Herder-Grantham, Baldwin III. Jr., Meyer-Domburg und Ichimura-Jones. Funktionierte es nicht über den Weg des gegenseitigen Zitierens, so war mit dem Rezensionswesen eine weitere Möglichkeit gegeben, so wie Baudelaire Victor Hugos Les Miserables besprochen hatte, so gingen wir mit Kollegen um und tuschelten nur kichernd in vertrauter Runde oder stürmten bei einem Kollegen hinein, um zu berichten, man habe es geschafft, ein schlechtes Buch positiv zu besprechen, ohne zu merken, in welcher Weise wir uns prostituiert hatten.
Zwar war die chemische Ökologie Teil der organismischen Biologie, doch im Zeichen der Interdisziplinarität schien es erstrebenswert, hier die Naturwissenschaften mit den Sozialwissenschaften zusammenzuführen, etwas, das wunderbar mit Stellen aus der deutschen Literatur begründet werden konnte. Über Fechner aus den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts hinaus sollte die Kommunikationsfähigkeit von Pflanzen, der Aufbau zwischenpflanzlicher Warnsysteme z.B. zwischen Weiden und Ahorn konstatiert, dann aber auch entschlüsselt werden. Hierbei konnte auch der Historiker behilflich sein, der traditionelles Gärtnerwissen erschloß und in die Diskussion zur Überprüfung mit einbrachte. Vor allem über Herder-Grantham, Träger eines berühmten Namens wie Ranke-Graves, konnte darüber hinaus der Austausch von Mitteilungen zwischen betroffenen Pflanzen und pflanzenfressenden Insekten ermittelt werden. Dies würde ein ungemein spannender Bereich der Johannes-Universität werden, vor allem, weil mit der Gewinnung der oben genannten Namen die Crème der Wissenschaftler in dieser jungen Disziplin abgeschöpft und für Gütersloh gewonnen würde. Fragen, die besonders gestellt und beantwortet werden sollten, waren: „Hat die Varianz in einem chemischen Merkmal Auswirkungen auf die Fitness eines Organismus?“ „Welche Gene sind an der Synthese, Speicherung, Erkennung und am Stoffwechsel der chemischen Signalmoleküle beteiligt?“ „Welche Rolle spielen interaktiv wirksame Signalstoffe in der Evolution der Wechselbeziehungen?“ In diesem Falle konnte chemische Grundlagenforschung auf die Wechselbeziehungen der Rating-Agenturen als Signalstoff und Instrument der Manipulation übertragen werden. Und schließlich im Verbund mit dem gesamten Forschungs- und Lehrbereich: „Auf welche bisher ungesicherten historischen Erfahrungen kann man sich bei der Umsetzung der Forschungsergebnisse aus ökonomischen Gründen stützen?“ Diese Art der Interdisziplinarität wird die konventionellen Grenzen sprengen, die noch an der École Normale Supérieure in Paris gewahrt werden. Was ist schon besonderes an Studiengängen wie Mathematik und Wirtschaftswissenschaften, Soziologie und Anthropologie, Literatur und Kulturen der Antike, Wirtschaftswissenschaften und Jura oder Biologie und Chemie (oder Mathematik)? Das sind Selbstverständlichkeiten, eine Interdisziplinarität, die idealiter in einer Person vereinigt zu finden sein sollte. Aber dennoch bietet die Johannes-Universität mehr noch als die École die Möglichkeit zu einsehbaren, aber nicht selbstverständlichen Fächerverbindungen, wenn man mit Mathematik, Sanskrit und Musik abschließen und damit immerhin Gymnasiallehrer werden kann oder mehr und zur hoffentlich immer anonymen grauen Masse der wirklichen Entscheidungsträger gehören wird, unauffällig die Crédit Lyonnais, Renault oder Elf-Aquitaine abschöpfen und diskreten Luxus genießen kann.
Warum Herder-Grantham nicht zum Zuge kam, blieb nicht nur Karl, sondern vielen der Macher der Güterloher Universität unklar. Wahrscheinlich war es nur ein Paket von Zufällen, fehlendes Antichambrieren und daraus erwachsendes Mißtrauen der Leute, die eigentlich nur als Rohrpost fungierten. Doch als das Scheitern offensichtlich wurde, war es zu spät, die Angelegenheit wieder ins rechte Lot zu bringen, und wie im Schneeballsystem häuften sich die mißtrauisch kritischen Stimmen, vermengten sich mit denen, die nicht mit Herder-Grantham, sondern mit den unmittelbaren Kolleginnen und Kollegen ein Huhn rupfen zu müssen glaubten. Scheitern tat allerdings nur Herder-Grantham. Er wurde unter ein gleißendes Licht gelegt und bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet. Heraus kam nichts, doch wurde er während dieses Prozesses immer kleiner und schließlich zu unbedeutend für Gütersloh. Und schließlich wurde gegen das Votum von Inez Jentner für Frau Siborska die letzlich autodidaktische Empirikerin Valerie Hilpert berufen, anziehend, von verschleierter, natürlicher Erotik, anregend und charismatisch, weniger rigide wissenschaftlich orientiert, aber eben ein Anziehungspunkt für pfiffige Ideen und innovative Forschung und keineswegs zuletzt ein erfrischender unkonventioneller Gegenpol zu der akademisierten Frau Grebenstein. Sie war geprägt von Internationalität und einer kosmopolitischen Mutter, diskrete Geliebte vieler und einzige Tochter einer der reichsten Familien Sofias mit den entsprechenden levantinischen und balkanischen Wurzeln rechtzeitig – auch finanziell – nach New York emigriert, die ihre Tochter in ihr eigenes intellektuelles und künstlerisches Umfeld einbezogen hatte. Wie die Mutter bezahlte die Tochter die Leichtigkeit des Seins mit dem Fehlen intensiver Bindungsfähigkeit. Und so gehörte auch der recht deutsche Name Hilpert einer etwas früheren Vergangenheit an, den sie behielt, weil sie dennoch in der Lage war, Freundschaften zu bewahren. Im stillen Widerspruch zu ihrem großen Ehrgeiz pflegte Frau Hilpert mit eleganter Hand das öffentliche Understatement. Wenn sie manchmal scheinbar nur auf die Hälfte zielte, so war sie doch an der ganzen Macht interessiert, die sie nie Hals über Kopf, nie aus dem Stand einforderte, scheinbar immer desinteressiert, aber nie ihren Ehrgeiz dementierend. Wäre sie später nicht der Holzhammermethode einer geschlossenen Riege von Frau Jentner bis Frau Grebenstein erlegen, und hätte sie nicht resigniert aufgegeben, vielleicht hätte sich die Johannes-Universität zu einem tänzerischen, schwerelosen, erfolgreichen Reigen formiert. Ihr Witz – als Vorwand für ihre verabscheuungswürdige fehlende political correctness, mit der sie die Wiederauferstehung des deutschen Machos postulierte, starker Männer, die eine Frau als Chef ertragen können – kostete sie ihren möglichen Einfluß, als sie noch in der Gründungsphase, doch bereits auf dem Wege zur Konsolidierung Franz Madersperger, den Erfinder der Nähmaschine, für eine entwicklungspolitische Professur zu lancieren suchte, ein kleiner, aber gescheiterter Testlauf für größere Pläne. Er beendete ihre vielversprechend erscheinende Karriere an der Johannes-Universität, obwohl sie die einzige unter den Professorinnen war, die mit ihrem Eintreten, mit ihrer Gestalt und ihren Bewegungen den Raum, den sie einnahm, zu füllen verstand, Bewunderung erregte und Erwartungen weckte. Sie mußte einen Augenblick lang ihren anerzogenen angelsächsischen Neigungen zur allzu erkennbaren Selbstironie nachgegeben oder eine selbstmörderische Neigung in sich entdeckt haben, der sie sich nicht verweigern wollte. Ähnliches galt für Eleganz, wenn sie in unbewußter Nachahmung der Felicita Sartori einer leichten Neigung zum Exotismus folgte und sich gern „à la turc“ und als Personifikation der Muse Thalia kleidete. Dass Scherze die Neigung haben, zur Realität zu werden, zeigte sich, als der gleiche Kreis, der Frau Hilpert an einem Machtgewinn gehindert hatte und auch daran, wie ein Preuße in den Himmel zu drängen, Adam Opel erfolgreich eine Gastprofessur antrug, um damit einen weiteren großen Namen der Ehrentafel der Johannes-Universität hinzuzufügen.
Die Damen, die als Siegerinnen aus diesem Wettbewerb hervorgingen, gründeten ihr eigenes Netzwerk, die wizgrrls, und sie erklärten: „Wir sind nicht gegen Männer, sondern für Frauen.“ Dies galt vor allem dann, wenn man die gefährlich zu werden drohenden Geschlechtsgenossinnen neutralisiert hatte. Dann konnte frau sich an die allmählich und bitter erkämpften Erfolge erinnern, wie einst sie als Studentinnen zu Assistentinnen, als Assistentinnen zu Professorinnen – zunächst allerdings noch zusammen mit dem anderen Geschlecht – emporgehoben worden waren, wie sie das quantitative Gleichgewicht erkämpft hatten und wie schließlich an manchen Universitäten das richtige Geschlecht allein maßgeblich für Anstellungen und Berufungen war. Dies war noch gesicherter, wenn man eine Wissenschaftsministerin hatte, die eben dieses Ziel auf ihr Panier geschrieben hatte, „desdichada“, weil sich eine der Damen an ihre Ivanhoe-Lektüre erinnert hatte, ohne sie genau lokalisieren zu können. Es war wohl nur üble Nachrede, wenn man sie als Suffragetten bezeichnete und ihnen unterstellte, gelegentlich zu zündeln.
Von niemandem wurde Frau Hilpert herzlicher und mit mehr Umarmungen verabschiedet als von den wizgrrls, nachdem man sie auch dadurch zur Unperson oder zu einer einzigartigen Person erklärt hatte, dass ihre Professur nicht und nie wieder besetzt werden sollte. Dies geschah allerdings vor ihrer Abschiedsrede, als sie bald danach die Johannes-Universität verließ. Zuerst hatte sie sich entschlossen, jeder Verabschiedung auszuweichen und still und leise zu verschwinden. Es schien ihr nicht wert, einen besonderen Akt zu veranstalten, da sie von der Wahrheit des Satzes „heute ich, morgen du!“ überzeugt war. Dann aber hielt sie dafür, dass ein wenig Aufwand unauffälliger sei als als Affront zu verstehende Passivität. Und schließlich gab es im Rektorat einen wohlinszenierten Abschied, zu dem beizutragen, man sie nicht hindern konnte: „Ich habe ein wenig darüber nachgedacht, wessen ich bei meinem Abschied gedenken soll. Zuerst habe ich an meine nur so genannte Sekretärin und die verschiedenen Sachbearbeiterinnen gedacht, im Prüfungsbüro, in der Drittmittelverwaltung und in der Personalabteilung, mit allen war es eine Freude zusammenzuarbeiten und ihre Sachkompetenz zu erfahren bzw. eben diese in Anspruch zu nehmen, und wenn es über einer Tasse Kaffee war. Obwohl aufrichtig gemeint und hoffentlich hiermit abgegolten, schien mir dieses Gedenken dann doch zu profan, zu viele Menschen, die mich universitär begleitet haben, hätten nicht genannt werden können. Dann dachte ich daran, mein universitäres Leben mit den Studenten zu verknüpfen, aber das wären zu viele gewesen, und es wäre ungerecht, nur zwei oder drei exemplarisch zu nennen. Die Fülle der Kontakte und Erlebnisse und vor allem der Gewinn, den ich von ihnen hatte und aus dem Umgang mit ihnen ziehen durfte, würden nicht hinreichend deutlich. Auch die Hälfte meines besseren beruflichen Lebens kann ich also nur mit diesen wenigen Sätzen würdigen und sagen, dass sie wichtiger war als mit Worten gesagt werden kann. Ich sollte derer gedenken, denen ich fürwahr viel zu verdanken habe, meinen großmütigen Lehrern, zu denen ich auch und in erster Linie Herrn Henning zählen möchte, der mich lehrte, Arbeiten darauf hin zu lesen, was in ihnen gut sei. Dann blieben noch meine Kollegen im Bösen wie im Guten, Rivalen und Freunde, uneins manchmal, manchmal vereint in der akademischen Intrigue und manchmal meinerseits ungeduldig oder irritiert abgetan. Sollte ich jemanden unter ihnen gekränkt haben, so erbitte ich Verzeihung in diesem unverfänglichen Augenblick. Aber auch ihnen gilt mein Dank, denn, um Lady Montague zu zitieren, ‚es war interessant, alles zu sehen‘. Ich möchte ihre Menge und meine Erlebnisse mit ihnen nicht missen. Zu sehr sind sie Teil meiner Lebenserfahrung geworden. Daher beschränke ich mich auf meine Erinnerungen an Rektoren und Präsidenten. Dies sind nicht so viele, dass ich sie nicht namentlich nennen könnte. Bis auf unsere hochgeschätzte Präsidentin und Kollegin Gudrun Grebenstein waren es leider nur Männer. Es bleibt also viel zu tun. Der erste, der mir bei meiner ersten Berufung formlos modern auf dem zugigen Gang seines Präsidialamtes meine Urkunde überreichte, war damals nur Vizepräsident. Und damals beschränkten sich unsere Gemeinsamkeiten auf seine Feststellung, wir seien beide, wenn auch in verschiedenen Städten, Absolventen eines Görresgymnasiums, er in Koblenz, und ich hatte geflunkert, denn nur mein früherer Mann stammte aus Düsseldorf und hatte dort die entsprechende Schule besucht. Das war eine kaum sehr breite gemeinsame Basis, die dann während seiner späteren Präsidentschaft auch nicht ausreichte, um gegensätzliche Ansichten über synergetische Wirkungen und ähnlichem zu überbrücken, als es darum ging, ob die schleswig-holsteinische Hochschullandschaft zusammengeführt werden sollte oder nicht. Aber mir gefielen seine Locken und die Art, wie er seine Zigaretten selber drehte. Zwischen seiner Vize- und vollen Präsidentschaft erlebte ich einen anderen Präsidenten, einen gestandenen Juristen, der Gastprofessuren bis Kamtschatka wahrnahm und mir die Instrumente zur Disziplinierung von Professoren zeigte und beibrachte, als er mir eine Dienstaufsichtsbeschwerde androhte, um mich auf den rechten Weg zurückzuführen. Nie wieder hörte ich etwas davon, als ich ihm vorschlug, wenn er es nicht täte, die Beschwerde gegen mich selbst einzureichen. Ich verdanke meinen unmittelbaren Dienstherren sehr viel, da sie mir das wirkliche Leben nahegebracht haben. Die Zeiten änderten sich jedoch, und die Formlosigkeit machte einmal mehr dem Ritual wieder Platz, ohne dass ich dies sofort gemerkt hätte, aber dazu hatte ich eben einen neuen Rektor, einen weißmähnigen Mediziner, der die neuen Hierarchisierungstendenzen roch und mich auf die veränderten Sitten aufmerksam machte, und ich folgte ihm, und mein kurzer unbedachter Schnitzer wurde mir verziehen, als ich Gruß- und Sitzordnungen zu respektieren begann und dazu überging, mit den Kollegen bei feierlichen Anlässen wie der Immatrikulation im Talar aufzutreten. Die Farbe unserer Fakultät war ein feierliches Lila, was, wie sie alle sehen können, zu meinem Teint leider nicht ganz paßt. Alle vermittelten sie mir die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit für die heutige Universität, die Bedeutung Baalbeks, Eblas, Karnaks, Lhasas, Cancuns, Polperros, Seguntums und Plouzenacs als Orte für die Unterzeichnung von Partnerschafsverträgen mit den großen und bedeutenden Universitäten dieser Welt in Beirut, Damaskus, Kairo, Peking, Mexiko City, Cambridge, Rom und Paris. Sie vermittelten mir den gewachsenen Stellenwert der Unterhaltung in der Universität, indem sie Evaluierungsbögen versandten, u.a. mit der Frage, „wie amüsant sind Ihre Dozenten?“. Ich saugte die Ratschläge gierig auf, wie man sich gegen Höhe und Hitze in der Reiseapotheke schützen könne, wie man solche Aktivitäten mit Fußballweltmeisterschaften, Weltausstellungen und anderen Großereignissen verbinden könne, und wie ich selbst aus der Ferne meine Universität kontrollieren könne. Am meisten jedoch verdanke ich unserer Rektorin, der hochgeschätzten und lieben Kollegin Gudrun Grebenstein, die mir gezeigt hat, mit welcher energischen Opferbereitschaft und Loyalität man sich für seine, seine ganz spezielle und besondere Universität einsetzen muß und kann. Ihr fürwahr gilt mein besonderer Dank, meine Lebenserfahrungen in ganz erstaunlichem Maße erweitert zu haben. Lassen Sie mich daher in dieser Kürze schließen und stoßen Sie mit mir an auf unsere Rektorin!“
Innerhalb ihres Netzwerks tauschten sich die wizgrrls darüber aus, welche Kleidung geeignet sei, größere übergeordnete Ziele zu erreichen, welche Konventionen beachtet werden mußten, wann man die Kindsbraut, wann die stahlharte Kommandeuse darstellen müsse, vor allen Dingen aber, wie man seine wissenschaftliche Unschuld bewahre. Dies geschah dadurch, dass die verschiedenen Diziplinen immer mehr den Naturwissenschaften angeglichen wurden, die aus Jahrzehnte langer Erfahrung in Deutschland unter dem Nationalssozialismus und in Ostdeutschland unter dem real existierenden Sozialismus sich nach Meinung des Präsidenten des Wissenschaftsrates als nicht instrumentalisierbar erwiesen hätten. Biologen und Mediziner hatten nichts mit Forschungen zur Eugenik und Euthanasie zu tun, Chemiker und Pharmakologen nichts mit Pervitin und jüngeren und besseren Dopingsubstanzen, Ingenieure nichts mit der neuesten Waffentechnologie. Für große Teile akademischen Tuns galt eine a priori Unschuldsvermutung. Unter dem gleichen günstigen Vorzeichen stand das Recht, wenn es nur zur Rechtsgeschichte erklärt wurde. Um sich nicht allzu oft wiederholen zu müssen, wurde ein nur für die Mitglieder zugängliches Archiv geschaffen, in das auch die unverfänglicheren Teile der einzelnen Dossiers eingegeben wurden. Und sie vereinbarten gemeinsame Klagelaute, wenn es ihnen nur gelang, ihre boys auf Mittelbaustellen zu heben statt die Frauenquote zu erhöhen, wenn ihre Harvard-Beziehungen wichtiger wurden als die Gendersolidarität und berühmte Männer mit der Ehrendoktorwürde ausgestattet werden mußten. Dann begaben sich Frau Grebenstein, Frau Kim-Sebestyn und die anderen zur Jerusalemer Klagemauer.

Eine weitere interdisziplinäre Ergänzung mußte aus den Teilgebieten des Rechts gewonnen werden. Dies sollte nach einer gewissen zu leistenden Überzeugungsarbeit das „Recht der Gemeinschaftsgüter“ sein, das Recht auf Luft, Atmosphäre, Ozonschicht, Klima, Wasser, Weltmeere, Boden, Landschaft, Fauna, Flora, genetische Vielfalt und nicht zuletzt das Recht auf Gesundheit und damit allgemein gegen die produktionistische Auffassung von der Aufgabe der Landwirtschaft, speziell gegen die Verwendung genmanipulierter Baumwolle bei der Herstellung des Euro. Sollte es durchsetzbar sein, die Währung wieder einzustampfen? Sollte es möglich sein, ohne amerikanische leichtsinnige genetische Versuche die wissenschaftliche Elite im Lande zu halten, ins Land zu locken? Untersucht werden sollte, ob eine gesellschaftliche Selbstregulierung möglich sei, welche Bedeutung politische Entscheidungen haben könnten, welche Bedeutung die Unsicherheit der Kausalitätszusammenhänge für Rechtsentscheidungen haben könnte, und wie sollten aus Rechtsentscheidungen entstehende ökonomische Folgelasten transnational verteilt werden.
Dies war eine Professur, die sich auf interdisziplinärer und theoretischer Ebene mit der menschlichen Natur, ihrer Geschichte, ihrer geistigen und gesellschaftlichen Verfaßtheit sowie mit den Strukturen und Reformen der modernen Gesellschaft beschäftigen sollte. Sie soll die hinreichende metaphysische Distanz schaffen, damit man die Technik geistig in der Hand behält. Ganz besonders soll sie die biomedizinischen Fragenkomplexe kritisch reflektieren und visionär Stellung beziehen.
Eine eher verschwiegene Aufgabe dieser Professur war zu prüfen, wie weit sich die Universität kostenneutral, doch gewinnversprechend Patentrechte an Lebewesen, Saatgut, menschlichen und tierischen Genen, sichern könne, ohne in den Geruch ausbeuterischer Machenschaften zu geraten, aufgrund der Rechtslage schließlich eine der wichtigsten Einnahmequellen der Universität. Eine brauchbare Möglichkeit ist der Versuch, die Semantik der Sprache zu ändern im gleichen Sinne, wie heute der Konsument unter naturidentischen Aromastoffen etwas anderes versteht als der Gesetzgeber und Produzent. Nicht zuletzt sollte auch das in traditionellen Gesellschaften so weit verbreitete Instrument der Schlichtung auf seine Tragfähigkeit in der globalen Welt überprüft werden. Auch hierfür gab es tragfähige Personalüberlegungen von Florenz bis Osnabrück. Der Geist kann überall zu Hause sein, und wo schließlich besser als in Gütersloh? Nicht zuletzt, wenn auch nicht an so herausgehobener Position wie an der Universität zu Köln, wobei natürlich die charismatische Statur des Inhabers einer solchen Professur dieser ungebührliches Gewicht verleihen könnte, müssen in diesem Arbeitsbereich die Felder Gesundheitsmedizin und Medizin und Gesellschaft aufgehoben werden. Kaum ein anderes Gebiet könnte ähnlich stark die Öffentlichkeit, vor allem die politische Öffentlichkeit, entzünden, vor allem, wenn man dazu noch auf die dialektale Identität des Professors oder der Professorin mit den politischen Entscheidungsträgern achtete. Nicht nur dieser nucleus, sondern alle sollten Innovation und Fortschritt widerspiegeln, verbunden mit der notwendigen Grundmenge domestizierter Opposition und scheinbar unzensierter Aufmüpfigkeit.
Darüber hinaus sollte man diesem Lehrstuhl in Anlehnung an angelsächsische Usancen einen Namen geben, und trotz des ICEs und des mäßig politisch korrekten Forums gleichen Namens schien es gerade auch im Hinblick auf den vorgesehenen Inhaber sinnvoll, ihn Ludwig-Quidde-Lehrstuhl zu nennen, als Vertreter des Honoratiorenpazifismus und als Gegengewicht zum Namen der gesamten Oldenburger Universität, deutlich zu machen die pluralistische Liberalität der Johannes-Universität, die nicht mehr utopische Annahme einer Verbindung von Utopie und Vernunft in einem Zeitalter, das aus der eigenen Vergangenheit gelernt zu haben glaubte. Man konnte die Laudatio Frederik Stangs instrumentalisieren, der anläßlich der Verleihung des Friedensnobelpreises an Quidde 1927 seine organisatorischen und vermittlerischen Fähigkeiten zusammen mit seinen zahllosen Publikationen, vor allem seine Arbeit über Caligula, hervorgehoben hatte, die überdies als politische Satire gelesen werden konnte, was Stang nach mehr als dreißig Jahren allerdings nicht mehr sagte. Ganz uninteressant wäre auch die Verbindung mit dem Forum nicht – so sollte man sein, staatlich anerkannt und gefördert und trotzdem kritisch, man öffnete sich damit solchen Initiativen, die im etablierten Spektrum wenig Beachtung fanden, konnte flächendeckend Gastspiele in Hamm, Wiedenbrück bis hinein ins Ruhrgebiet geben, konnte im Schutze eines solchen Mantels deutscher akademischer Aura die Beschlagnahme von Kundendatenbanken amerikanischer Buchhandlungen und Taucherschulen durch den CIA kritisieren und die dementsprechenden Ängste artikulieren. Das internationale Forum, das dann die Gütersloher Universität darstellte, könnte noch aus der Peripherie der Erde Wirkung zeigen.
Wie bedeutungsschwanger sich die Wahl Quiddes als Name für einen Lehrstuhl erwies, zeigte sich wenig später, als bei den Umbauarbeiten für das Präsidialamt die Reste einer römischen Sommervilla, der nördlichsten bekannten, ergraben wurden, die sich, wenn auch nicht Caligula persönlich, so doch durch mehrere Inschriften der Zeit des Germanicus zuordnen ließ. Wie bedeutend diese Besiedlung im nördlichen Westfalen gewesen sein mußte, ging auch daraus hervor, dass ein toter Emsarm entdeckt wurde, der offensichtlich den Römern zur Fischzucht und darauffolgenden Würzherstellung, wie wir sie aus Marokko, Spanien und der Bretagne kennen, diente. So etwas machte nur bei längerfristiger Beherrschung des Gebiets einen Sinn. Die Kleinfunde entstammten stilistisch eindeutig dem augustäischen Klassizismus, einige lebensgroße Köpfe waren mit großer Sicherheit Mitgliedern der Familie der Claudier zuzuordnen Eindeutig waren in dieser Hinsicht die Münzfunde. Der etwas provinzielle Stil der leicht erotischen Mosaikreste, die eine frühe Entwicklungsstufe der späteren Mosaiken in der Villa Romana del Casale zu repräsentieren schienen, sie wurden zu einem der lokalen Forschungsschwerpunkte der Universität im Verein mit der Dendrochronologie und gleichzeitig zu einer touristischen Attraktion, die Fishbourne oder das nahe gelegene Kalkriese und die Bemühungen der Osnabrücker Kollegen, ganz zu schweigen von den krampfhaft gesuchten und kaum gefundenen Spuren Vespasians in Bozzam, völlig in den Schatten stellten. Hatte Caligula etwa an der Ems doch Biberdämme gebaut? War er der Autor eines Grafittos „ultionem ab cheruskis petamus“? Die Indetifizierung, nein Indentifizierung – oder doch Identifizierung – war nie eindeutig. Und wenn es doch der Beweis für den Zivilisationsgrad der Eingeborenen wäre, von denen eigene Abbilder fehlten, ein weiterer Baustein für die Sendungen von Phönix? Später gab es einen gemeinsamen Forschungsschwerpunkt mit der Universität Kopenhagen und dem Römermuseum in Haltern am See, in dem der Zusammenhang zwischen dem halbierten Mann („Prinzen“) von Himlingöy, der tot und päckchenweise nach Hause geschickt worden war und aufgrund seines genetisch nachgewiesenen italienischen Hirtenhundes als Bündnispartner der Römer identifiziert worden war, und den Kommunikationswegen zwischen Süd- und Nordeuropa und der römischen Kientelpolitik untersucht wurde. Schließlich wurde auch ein Inschriftenfragment gefunden, auf dem man glaubte, den Ort Leontopolis entziffern und so die Beziehungen zwischen der Nord- und fast Südgrenze des römischen Imperiums festmachen zu können.
Und keineswegs folgte man dem Vorbild der Nürnberger Stadtväter, diesen Schatz zu verbergen oder überhaupt Überlegungen darüber anzustellen, ob auf dem Dach der Villa eine Photovoltaikanlage anzubringen sei. Auch ließ man sich nicht von den bewundernswerten Entscheidungen der australischen Regierung beeinflussen, zuzulassen, dass Museen in magische Kultstätten umgewandelt wurden, in denen nur beschnittene Wärter tätig werden durften und Frauen der Zugang verwehrt war. Hatten Cimbern und Teutonen nur ihre Ruhe haben wollen, um die astronomischen Beobachtungen von Goseck und Nebra mit ihren schamanischen Wurzeln in den Ostalpen und in Siebenbürgen in Norditalien fortzusetzen und über Kimme und Korn die Sonne abzuschießen und im Moor von Trundholm versinken zu lassen? Nebra hatte einen weiteren Effekt: Endlich konnte sich der berühmte Harvard-Professor Armstrong mit seiner These durchsetzen, dass Globalität nur insofern modern sei als sie mit Geschwindigkeit verbunden sei. Marco Polo brauchte noch fast dreihundert Tage, um auf dem Landweg nach China zu gelangen.
Übrigens: Dieser Fund führte zwar nicht zu einem Paradigmenwechsel in der Gesamtkonzeption der Johannes-Universität und kaum in der frühen deutschen Geschichte, obwohl man sich rechtzeitig auf die Seite derer geschlagen hatte, die sich für die Echtheit der Himmelsscheibe verbürgen wollten, da die Bleiisotopenverhältnisse für ein Alter von wenigstens hundert Jahren sprachen, aber er veranlaßte doch eine Erweiterung des universitären Spektrums. Nachdem man sich vergeblich bemüht hatte, Barbara Bell, die Autorin von Minimus und Minimus Secundus, oder gar Isolde Stark, die Schöpferin der hämischen Muse, für eine Professur zu gewinnen, nachdem David Noe über der Rezension Vibeke Roggens gestolpert war, dass nämlich keine seiner drei blinden Mäuse weiblich sei, mehr aber noch, weil die Kommissionsmitglieder den Ausspruch Ciceros o tempora, o mures als fehlerhaft erkannten, wurde der etwas ältliche Akademische Oberrat aus dem Philosophischen Seminar der Universität Bonn, Rainer Peters, gegen das Minderheitsvotum von Frau Professor Jentner für Fau Siborska berufen, um im touristischen Interesse die Bedeutung des Lateins gegen die glasigen Gesichter bei der Erwähnung des Verbums hervorzuheben. Van Groningen wollte von Peters wissen, ob man Arkansas von „Ar kan sah“ – wo geschändet Blut lebt ableiten solle.
Peters wurde für eine neue moderne und globale Rezeption Westfalens verantwortlich gemacht und erhielt die Herausgeberschaft einer der bedeutendsten universitären und zeitgemäßen Langzeitvorhaben Westfalia antiqua et hodierna. Dabei vergaß man jedoch die Schwächen des enttäuschten Alters, die sich spät entwikkelnde Profilierungslust eines tüchtigen, aber bis dahin nicht ungemein erfolgreichen Mannes. Peters ließ keinen altphilologischen Kongreß zwischen Changchun, San Diego CA. und Lublin aus, im Gegenteil organisierte er Panels, saß den verschiedenen Verbänden in verschiedenen Funktionen vor oder bei, war hyperaktiv in seiner Herausgeberschaft nicht nur der wichtigen jungen Reihe Relicta Romana Universitatis Johannei Güterslohensis, sondern auch der unterschiedlichsten Corpora Inscriptionum, Acta Archaeologica etc. der verschiedenen deutschen und danubischen Regionen. Und so ging auch in Gütersloh nach kurzer Blüte das Latein verloren, weil der dafür Verantwortliche im Interesse höherwertiger Güter für die Aufgabe des Lehrens nicht mehr die Zeit hatte. Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte er, als die Rektorin, Frau Grebenstein, die Zustimmung der Universität für seine Beurlaubung für acht Jahre gab, um das neugegründete deutsche Historische Institut in Tomis zu leiten, da diese Ehre schließlich auch die Johannes-Universität ungemein schmückte, auch wenn sich bei seinen Ansprachen die Hosenbeine ziehharmonikaartig falteten, der Schritt in die Kniekehlen fiel und die Finger seiner rechten Hand hinter dem Rücken nervöse Abzählspiele spielten. Er weilte noch dort, mit seinen lateinischen Inschriftenfunden aus dem Donaudelta, die er finden und erforschen ließ, mit den miletischen kleinasiatischen Wurzeln dieser Kolonie beschäftigt, als sich der Belagerungsring um Gütersloh bereits enger zusammengezogen hatte, die Insassen aber immer noch nicht ihr Dien Bien Phu realisiert hatten.
Und mit Attac-ähnlichen Aktivitäten könnte man global die fehlgeleitete Globalisierung geißeln (this world is up for sale?!) und geichzeitig den Darwinismus über den Kunst-Darwinismus des 19. Jahrhunderts, über den Sozial-Darwinismus, soweit dieser nicht-reduktionistisch argumentiert, zu einem Ökonomie-Darwinismus hinführen, zu einer evolutorischen Ökonomik, in der die Entwicklung als Evolution begriffen wird. Damit könnten Werke entstehen wie die Kritik der reinen Theorie des... und eine Zeitschrift für Komplexität in den Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften.
Genau dafür schien Sluggan Karl der richtige Mann zu sein, um die Vielfalt halb oder ganz utopischer Entwicklungen und die Erforschung von deren Sinn oder Unsinn zu bündeln, zu organisieren und den kompetenten Forschergruppen im Sinne einer überlebten political correctness nicht im Sinne von „Schildkröt plagen, Äffchen jagen, das alles macht dem Neger Freud‘ und dienet ihm zum Zeitvertreib“ zuzuweisen.
In diesem Falle mußte Karl gegen den Vorschlag Inez Jentners für Frau Siborska nach Verbündeten suchen, und er glaubte, sie in Professor Otto – eine Hand wäscht die andere – und Professor Gordon gefunden zu haben. Der letzere hatte noch seine eigenen Pläne, von denen alle Beteiligten wußten, ohne zu wissen, wie man sie hintertreiben könne. Man kannte ihn als Netzwerkbauer, als jemanden, der es verstanden hatte, über zwanzig Jahre erfolgreich universitäre Macht zu repräsentieren, und prüde bis neidvoll hieß es von ihm, man werde noch am Ende mit einem Knüppel seinen Steifen umschlagen müssen, um den Sarg schließen zu können. Es gab angeblich hinreichend Zeugen, die ihn mit Studentinnen in einem Muthesius-Bad – heute ein stinkiges Männerpissoir, wo die entsprechenden Kacheln durch halbhohe spanische Freudenhauswände grausam halbiert worden waren – nach Berliner Karnevalsfeiern gesehen, erwischt oder wie auch immer ertappt hatten, je nach dem Grad der jeweiligen künstlichen Empörung und heimlichen Bewunderung. Doch wäre es ein erster Schritt zur Weisheit gewesen, die eigene und die Zeugenschaft anderer anzuzweifeln. Ihm war es gelungen, die gesamte Universitätsverwaltung mit seinen abgelegten, in treuer Erinnerung einem wohl funktionierenden Harem gleichenden Freundinnen zu bestücken, die alle irgendwie Rose d’Amour hießen, seine Kumpane auf die gleiche Karriereleiter zu hieven, so dass seine Alma mater eine gesunde Entwissenschaftlichung erfahren hatte. Der auch von Inez Jentner unterzeichnete Nachruf in der FAZ lautete jedoch: „Wir trauern über den Tod unseres Kollegen, der über viele Jahre die Entwicklung unserer Universität und unseres Fachbereichs in zentralen Gremien mitgestaltet und geprägt hat. Er war ein bescheiden auftretender Gestalter, ein exzellenter Wissenschaftler, ein herausragender akademischer Lehrer, ein großer Kommunikator, ein humorvoller und kritischer Geist, der nicht nur die Wissenschaft, sondern auch Theater und Musik sehr liebte. Uns war er ein warmherziger Freund, Unterstützer und Ratgeber.“ Nur: Wie groß war er tatsächlich gewesen? Welche Farbe hatten seine Haare?
Mit seiner Rundlichkeit, die die Komplexität seines Denkens widerspiegelte, mit seinen scheinbar zu kleinen mit Fett gefütterten Händen, die zu Taten unfähig schienen, verband Gordon eine Eleganz und Geschmeidigkeit des Geistes und seiner Materialisierung, die ihn immer wieder zu einem attraktiven Verführer machten, dem man nach einer gewissen Irritation wieder alles verzieh. Neben seinen Eskapaden und nächtlichen Tournéen durch die Kneipen Westberlins kultivierte er die Gestalt des Professors mit der verlorenen Dissertation und schrieb Gedichte, in denen er tastend den Weg aus den Ruinen findet, sich tief in einem verwunschenen Keller in das Gewölbe einer römischen Tür verliebt. Und als er die letzte Mauer überstieg, schien ihm die Sonne wärmer als es ein Mittelmeerabend vermag. Er erlebte in einem Augenblick seine güldene Rekonstruktion des meisterlichen Hauses, zählte sein Geld und stellte fest, er könnte sehr wohl ein zweiter Axel Munthe werden, falls er darauf verzichtete, sich selbst zu sein und alles verkaufte, was er in Berlin-Zehlendorf besaß. Sein Schatten wagte sich lächerlich weit voraus am Hang, gelangte lange vor ihm zu dem Café mit den zwei Tischen im Windschatten der Mole. Dort trank er Ouzo und beriet sich mit Dir über die gemeinsame ägäische Herrlichkeit. Du lachtest und sagtest zum Schluß, Deine Zustimmung sei aus dem gleichen Stoff wie das schwere glänzend scheinende Dach der Ruinen.
Gelegentlich verfiel er in kindische Bildung und versuchte sich im Reim: „Für Cao Maozhi und Li Zhi im 4. Jh.: Astrologie hat mich früher beeindruckt, und ich las über das Sternbild der Waage: Wären alle Waage, wäre der Welten Lage heute nicht gar so verrückt. Ich habe nicht gerne weitergelesen, denn der Autor war gar nicht nett: Nehmen wir nur das Wasserbett – es wäre dann nie gewesen. Aber der Autor, er ging viel tiefer, er sprach von Fortschritt und Krieg und von einem Waage-unmöglichen Sieg, und mir schmerzte entsetzlich der Kiefer. Zwanzig Jahre war dies schon vergessen, dann lese ich von den Genannten, auch in China meist unbekannten, so hat es sich festgesessen. Sie waren simpel und ignorant, doch hatten ein soziales Leben, ohne dazu die Schrift zu geben. Ihre Unschuld war fast provokant. Doch auch dieser Autor will ihnen übel: Von Können und Klugheit hätte man niemals gehört, man hätte sich über mangelnden Fortschritt beschwert und vermißt der Menschen Gegrübel. Aber es kommt noch schlimmer: Füchse hätten die Leichen gefressen. Der letzte Vorwurf hat am besten gesessen: Man wüßte ihre Namen nimmer. Es gibt etwas, was der Autor nicht versteht, sondern schlicht zerstört und in sein Gegenteil verkehrt: Den Genuß der Anonymität.“
Und gelegentlich konnte er dieses Du, Dir, Dein zu Liebesgedichten nutzen und so tun als sei Harlem gemeint. Wilde, reine Farben in gewalttätigen Spiralen treiben wie Wolken über Deine Lippen und Deine Brustwarzen. Es donnert und blitzt von Deinen Zähnen, und der kurze Abstand zwischen uns ist elektrisch geladen wie in einem TV-Spot. Deine Beine stehen fest in der Erde wie wohlgewachsene Pflaumenbäume, meine Fingernägel strecken sich nach Deinen Knien, mein Mund will trinken, meine Lenden wollen sich hingeben, meine Sinne waten durch Deinen Sturm im V-Tal der Welt, die Du bist. Und noch später saß er mit zufälligen Kumpanen und beriet sich mit diesen, welche er zu seinen Neujahrsgedichten vereinen sollte.
Doch nie kam Gordon auf den Gedanken, wie der berühmte Münsteraner Sprachwissenschaftler, Schadensersatzklage zu erheben, wenn er sich in trivialen Schlüsselromanen als Hurenbock, Intrigant oder in einer anderen Rolle als Bösewicht wiederzuerkennen glaubte. Sein Geist arbeitete zu schnell, und zu sehr liebte er den Erfolg subtilerer Rache, seine Gegner in Sicherheit zu wiegen über Jahre hinaus, um ihnen dann unversehens aufgrund eigener Blößen den Boden zu entziehen. Er gab sich als graue Eminenz mehrerer Universitätspräsidenten, ohne je die eigenen Ziele und Wünsche aus den Augen zu verlieren. Er beherrschte die Klaviatur der schönen Rede, so dass die Lehre qualitativ hochwertig getauft wurde, Forschung renommiert war, jede gewollte Veränderung des institutionellen Rahmens der Transparenz und Partizipation diente, d.h. er verstand es vollkommen, die Fiktion als Realität erscheinen zu lassen Er war bereit, hinterher zu humpeln, wenn er sich sicher war, dass seine Vorstellungen verwirklicht wurden. Und doch besaß auch er in gewissen Winkeln seine Scham. Nicht seine Tante, sondern seine Großmutter, eine Portugiesin war unter dem Namen Flor de Coimbra als Marmorfigur aufgetreten, hatte aus dieser Position heraus einen heiteren deutschen Kriegsgewinnler von Grosz’scher Statur geehelicht, einen Gordon eben und hatte diesem zwei Kinder geschenkt, die sie auf die Namen Amarante und Tomar taufen ließ. Die starke Tomar litt ihr ganzes Leben unter der gutbürgerlichen Verruchtheit ihrer Mutter, Amarante wurde nur der Vater Gordons.

Sehr bald wurde dieses Arrangement von den Zwängen der Wirklichkeit eingeholt. Im Interesse der potentiellen und tatsächlichen künftigen Stifter wurde diesem Nucleus eine Rechtsprofessur zugeordnet, deren Inhalt die Abwehr von Strafverfahren für Manager war, die Formulierung von Verträgen, die alle Lasten den gegenüberstehenden Vertragspartnern aufbürdeten, der Erhalt von Grauzonen, damit sie und eventuelle Unternehmer nicht mehr tief fielen, zum Erhalt der Vorzeigeunternehmer, der mutigen Vorstandsvorsitzenden, ihnen noch ein wenig länger den Glauben zu erhalten, sie hätten den Realitätssinn nicht verloren. Nie wieder sollte im Interesse unserer Volkswirtschaft ein milliardenschwerer Selfmademan an seinen gigantischen Fehlinvestitionen scheitern, sich mit seinen Partnern überwerfen und in zweifelhafte Optionsgeschäfte verstricken, statt den Vergleich zu suchen oder gleich Abfindungen erhalten und sich zurückzuhalten, nicht Freunde, die widersprechen, zu verdrängen und gar mit Klagen zu überziehen. Der Inhaber oder die Inhaberin dieser Professur mußte die juristischen Fallstricke ebenso wie die Möglichkeiten kennen, Aspekte des Managements mit allen finanziellen Gefahren, vor allem aber die Psychologie und empfindliche Seele der Industriekapitäne. Hier bereits müssen die vermeidbaren Gefahren für Kommunikationsprozesse erkannt, auf dieser Ebene schon Pläne und Konzepte begleitet werden. Aufgehoben werden soll durch diese Aktivitäten der Glaube, es gehe nicht mehr, indem alle externen Faktoren analysiert und neutralisiert werden. Bei der Besetzung dieser Professur schließlich gelang der ganz große Coup. Gewonnen wurde gegen die Konkurrenz von Frau Siborska und trotz ihrer Unkenntnis, ob die Niagarafälle ihren Namen von „Ne yaygara“ – großer Lärm ableiteten jene klassisch ausgebildete Tänzerin aus dem erdnußreichen Bundesstaat Georgia, die zweite von sieben Töchtern, die von ihrem Vater, dem Lokalmatador von Georgia nach seinem Bilde erzogen worden war, die noch vor kurzem mit Hilfe einer deutschen Bank den Londoner Finanzmarkt durcheinandergewirbelt und vor allem im Bereich der Vice-Funds mit Kneipen, Kinos und Kyndal ihre Gewinne erzielt hatte, die diesen mörderischen Betrieb und seine Überlebensinstrumente kannte und nur darüber gestolpert war, dass sie in einem unaufmerksamen Augenblick aus ganz anderen und menschlichen Gründen Objekt der Regenbogenpresse geworden war und damit ein Interesse an allen ihren anderen Aktivitäten ausgelöst hatte. Kurzfristig war sie eine Person, deretwegen eine Linie in den Sand gezogen wurde, um die Öffentlichkeit vor anstößigen Inhalten zu schützen, doch hatte sie dies mit leicht verlegenen telegenen Auftritten in Anlehnung an Janet Jackson nach ihrem Nipplegate wieder fast ungeschehen machen können. Und bald folgten die ebenso schockierenden Auftritte noch prominenterer Prominenter, und der Neuanfang, und wenn auch „nur“ in Gütersloh, war gesichert. Diese Claudia Schiffer im Nadelstreifenanzug, als fast Fünfzigjährige noch mit Lolitagehabe und zwei Pfauenaugen, Ms Caroline Ffinch, wußte, worüber sie blutvoll und erfahren dozierte, und so entwickelte sich dieser Lehrstuhl bald zu einer eigenen Neben-GmbH unter dem Dach der Johannes-Universität mit einer Klientel, die, da sie mehr als vierzehn Pferde zu stiften pflegte, diskret mit dem Chauffeur die diskreteren Parkplätze unter den Fenstern des Rektorats nutzte. Ihre letztlich unproblematische Berufung war dem privatrechtlichen Status der Universität zu danken, der in diesem Falle von allen Interessierten, Bund, Land und Universitätsspitze still und effektiv genutzt wurde. Damit schloß sich der Kreis vom Maskottchen des lokalen Honoratiorenvereins, über cheerleader, stellvertretende Schulsprecherin, Stanford-Absolventin in mittelalterlicher Geschichte und Philosophie, Präsidentin der Investmentabteilung einer Bank – in dieser Rolle war es ihr nach eigener Aussage gelungen, gegen den Widerstand der orthodoxen Orientalen und säkularen Kritiker in Israel die Aufführung von Mel Gibsons „Leiden Christi“ dort zu einem Erfolg zu machen, den sie um einiges höher einschätzte als die Partizipation an den Gewinnen durch Öl für Lebensmittel – bis zur deutschen Professorin eine Siegerin in Schönheit über das allzu bürgerliche Gute, die viele Superstars des Bullenmarktes der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts re-respektabilisierte, indem sie ihre großzügigen Abfindungen, Parties, Yachten, handgefertigten Motorräder, Kunstsammlungen und Badezimmerspiele evaporisierte und törichte öffentliche und damit anscheinend justiziable Bemerkungen über die fehlende Kreditwürdigkeit von Kunden noch törichter und damit irrelevant erscheinen ließ. In Anlehnung an amerikanische Usancen und unter Berufung auf die Rechte der Aborigines gelang es Ms Ffinch, alte Gutsherrenrechte des Klosters Marienfeld in Billinghausen und Hörste im Lippischen Wald für die Universität wiederzubeleben.
Dennoch war sie nicht eine der Frauen, die mit weichen Knien, auf schwankenden Highheels, sondern mit trotzig erhobenem Haupt das mitgeschaffene Schlachtfeld verließ. Bei aller scheinbaren und so angenehmen angelsächsischen Konzilianz wußte sie, was sie wollte und setzte es durch. Sie gehörte zu den zwei Dritteln amerikanischer weiblicher Führungskräfte, die nicht eine der „Seven Sisters“ an der amerikanischen Ostküste absolviert hatte, dafür aber den seit 1848 erfolgreich eingeklagten Persönlichkeitsschutz Friedrichs, des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel im Interesse ihrer Klientel internalisiert hatte. Ihre Einwerbung brachte auch der Universität unendlichen Gewinn, da es ihr immer wieder gelang, die in der Industrie üblichen Abfindungen für Manager, die man loswerden wollte, für diese zu bewahren und zumindest teilweise in die universitären Kanäle zu lenken, einmal als Honorar, das andere Mal als dankbare Stiftung, indem sie ihnen den Status des „Wir sind das Volk“ verlieh. Auf diese Weise gelang es ihr auch, die Vergabe des deutschen Mittelstandspreises an ausländische Förderer des deutschen Mittelstandes an die Johannes-Universität zu binden, der vor ihrer Zeit an Bill Clinton und Zhu Rongji verliehen worden war, und unter ihrer Regie an den russischen Präsidenten auf Lebenszeit, den usbekischen Präsidenten auf Lebenszeit und an den ehemaligen irakischen Präsidenten Allawi gegeben wurde. Es gelang ihr, der Universität die sicheren Pfade durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz zu weisen, so dass manche finanziellen Transaktionen geheimbleiben durften. Es gelang ihr, erfolgreich und für ihren Klienten gewinnbringend die Echtheit der Cholmondeley-Urnen anzuzweifeln. Ihr wohl größter kaum noch meßbarer Erfolg in Deutschland war ihre entscheidende Beteiligung an den Schadensersatzverhandlungen von toll-collect auf welcher Seite auch immer, so wie Verteidiger angeklagter Chemiekonzerne auf Stehparties en passant potentielle und potente Kläger berieten oder Mr. Incredibles, der als Versicherungsvertreter seine Kunden beriet, mit welchen Winkelzügen sie dieselben seiner Firma unterlaufen könnten.
Frau Professor Ffinch war auch diejenige, die aufgrund ihres kosmopolitischen Auftretens den ersten doctor honoris causa der Johnnes-Universität moderieren, wenn auch nicht verleihen durfte, an einen der größten Schriftsteller unserer Zeit, der in seiner Dankesrede statt durch Philipp II. Monster zu zeugen, diese durch Elizabeth I. zu gebähren und damit den Amazonasdschungel zu bevölkern, ein politisch korrektes Glaubensbekenntnis zur Anwendung des Rechts in den internationalen Beziehungen abgab. Nach einer putzigen kolumbianischen Kindergruppe versuchte Ms Ffinch, ihre Rolle als Konzelebrantin auszubauen, aber nicht nur Ms Ffinch hielt eine laudatio in Spanisch, die sie mit immer wieder neckisch zurückgeworfener Haargardine selbst ins mit einem apparten amerikanischen Akzent untermalte Deutsche übersetzte – lediglich das „j’accuse“ Emile Zolas blieb in beiden Versionen erhalten, und es kam zu einem charmanten Eklat, als der Gewürdigte eine Bemerkung in der Rede von Frau Ffinch, dass in seinem letzten Werk lange vor dem unbedeutenden Zürich ein bedeutender Beitrag über Bildung – educacion – zu finden sei, in der Weise erwiderte, dass für ihn Zürich wichtig gewesen sei, weil er dort Thomas Mann leibhaftig erlebt habe. Nicht nur Ms Ffinch küßte linkisch die Pianistin des Rahmenprogramms auf die Wange, wobei sie, um andere physische Berührungen zu vermeiden und sich der Standfestigkeit zu versichern, die schwarzbestrumpften Beine aus dem Röckchen zur Seite und den Hintern nach hinten hinausspreizte. Es war die letzte Stufe vor dem wahren Gesicht der Verführung ohne Perücke, Zahnprothese und Schminke. Frau Grebenstein hielt in einem solchen Falle, wie sie von ihrem Mentor Otto gelernt hatte, die Begrüßungsansprache in verständlichem Englisch, Frau Kim-Sebestyn verglich das Werk des Meisters auf Englisch, Französisch und Deutsch mißverstanden mit dem Oeuvre Fernand Legers, Professor Schneider durfte die Begründung für die Verleihung des Doktors ehrenhalber verlesen. Das Ereignis oder eher der Gewürdigte waren so bedeutend, dass alle Universitätsgroupies und wags versammelt waren, in zu engen, meist schwarzen Bustiers und kupferfarben aufgefrischtem Haar ihren Freundinnen mit der türkischen Handbewegung „komm her!“ einen oder mehrere Plätze im bereits überfüllten Auditorium anboten, einander verschwörerisch zunickten und in bester Manier die Fernsehversion einer Münchener Schickeria kopierten. Auf manchem Professorengesicht in den ersten drei Reihen lag ein seeliges Lächeln, indem sie sich einmal mehr der Prominenz als Glaukos bedienten. Der geehrte wiederholte im Habitus eines makellos angezogenen Konferenzhabitués zum dritten Mal unbemerkt von der anbetenden Gemeinde eine schaumige Rede, und wäre nicht die spontane Bemerkung zu Zürich gewesen, man hätte an einen bezahlten Doppelgänger denken müssen. Von außen hätten durchs Fenster einzelne Redner erschossen werden können.
Ms Ffinch spielte tatsächlich gekonnt eine Doppelrolle, indem sie andererseits den alten ökonomischen Grundsatz lehrte: „Man tut gewisse Dinge eben nicht. Ganz unabhängig davon, ob sie strafbar sind oder nicht.“ Sie trat für Tansparenz im Geschäftsleben als Korrektiv ein, für die Verantwortung des Managers bei von ihm zu verantwortenden Fehlentscheidungen, eine glückliche Wahl eines kaum lösbaren Problems. Immer wieder handelte sie danach und umschrieb diskret ein wirtschaftswissenschaftliches Dogma: „Im ökonomisierten Leben geht es um Interessen statt Ideen.“ Vor allen Dingen aber machte sie sich stark für die Corporate Social Responsibility größerer Unternehmen, initiierte Abmahnverfahren gegen Firmen und Behörden, wenn diese nicht den gesetzlich festgeschriebenen europäischen Gleichheitsgrundsatz in ihren Stellenausschreibungen beachteten, und verstand es auf diese Weise, Gelder in die richtige Richtung zu lenken. Sie zog sich ihre Key Clients heran, mit denen sie im Dialog mit der der Partnership innewohnenden Power an der Konzipierung und Umsetzung von intelligenten Anlagelösungen für eben diese ihre vermögenden Privatkunden arbeitete. Sie war, so lange es dauerte, die einzige ernstzunehmende Konkurrenz der UBS Wealth Management AG in Deutschland zumindest. Immer wieder erkannte sie sehr schnell die Notwendigkeiten, die sich aus einer sich verändernden Sytematik der ökonomischen Welt ergaben, nutzte ihre Bekanntschaft mit Donald Hodel für Beteiligungen an der Ölförderung in Alaska und erweiterte das Fächer- oder eher Studienangebot ihres nucleus um Komitologie, um mit den daraus hervorgehenden Absolventen erfolgreich die Compliance-Abteilungen der Großbanken, Finanzholdings und anderer darauf angewiesener Institutionen zu besetzen. Wofür sie allerdings keine Zeit hatte, war, ihren deutschen Kollegen englischsprachige Tutoren zu vermitteln, so dass sie auf schwäbische Ratschläge angewiesen waren. Und so gingen erstaunliche Gutachten auch aus der Johannes-Universität hervor, z.B.: „Mr. Wit studies Comparative and Indo-European linguistics at my seminar since 2008. He was noticeable to me at the beginning as an intelligent, attentive and purposeful student. His achievements were from the outset very good. The list of the visited lectures submitted by Mr. Wit shows clearly the good planning of his studies.
Mr. Wit and I stand since the beginning in good discussion. As I know, he has already since longer the desire to be able to push a Tagalog academic year in. I support this much and can only stress that the combination of historical and gene¬ral linguistics is of outstanding interest. Mr. Wit is in the best way prepared and can use the offers well, also for his study conclusion at our university.“
Aber auch die Johannes-Universität, die sich durch Stiftungen, die sich nicht nur aus Barvermögen zusammensetzen, nicht nur die dynamischste Sammlungspolitik für internationale Kulturgüter betrieben, sondern inzwischen Immobilien in einer Streulage über Deutschland, Kanada und Brasilien in das Eigentum der Universität überführt hatten, mußte den Vergleich mit den größten Fürstbischöfen der frühen Neuzeit kaum scheuen. Allein in Ostfalen hatte die Universität Besitzungen zu Driburg, Steinberg, Feldrom, Baddenhusen, Holthusen, Flechtheim, Sudheim, Rheder, Herste, Siddessen, Völkersen, Dodenhusen, Schmechten, Driburg, Buke, Altenbeken, Hembsen und Brakel. Hinzu kamen gewichtige Beteiligungen an Industrien im Technologiebereich. Die Universität hatte einen hinreichend langen finanziellen Atem, um die Chips-Fabrik in Frankfurt/Oder auf Erfolgskurs zu steuern. Still und leise hatte sie eine gewichtige Stimme in der deutschen und internationalen Medienindustrie gewonnen, so stillschweigend, dass sich das einige Jahre fürsorgliche gepflegte Küken emanzipiert hatte und seinen Eltern jetzt sagte, welche Wege beschritten werden sollten. Und dennoch gab es einige politische Instanzen, mit denen man sich immer noch ins Benehmen setzen mußte, mit Gremien wie dem Basler Ausschuß, der OECD, der IOSCO, der IAIS, dem International Accounting Standards Board usw., um z.B. den Entwurf des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes, mit dem die Marktmißbrauchsrichtlinien umgesetzt werden sollten, im Interesse der Universität zu analysieren und schließlich zu entschärfen. Frau Ffinch bekam einen nie erwarteten Stellenwert und war in guten Zeiten der kräftigste Motor der universitären Entwicklung, die sich eben auch deshalb Leute wie van Groningen und Manoilescu leisten konnte, während die Ffinch, die Grebenstein und die Kim-Sebestyn zusammen mit dem Sluggan und einer längst instrumentalisierten Jentner hinter Intellektualität den erfolgreichen Machtwillen verbargen, längst wie die Feldwespen mit ihrer jeweils hierarchisch erfolgreichen Gesichtszeichnung die besten Waben für sich in Besitz genommen und das Privileg, wissenschaftlichen Nachwuchs zu zeugen, unter sich aufgeteilt hatten.
Es gab auch andere große universitäre Feste. Noch in der Blütezeit der Universität feierte Sluggan seinen sechzigsten Geburtstag. Nicht nur wurde er für seine einflußreiche friedenssichernde Forschung mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse am Bande geehrt, das ihm von der ländlichen Wissenschaftsministerin, längst gefangen in der Verführung durch eine reiche Privatuniversität, überreicht wurde und das er mit großer Contenance entgegennahm, obwohl er mehr als einmal in seinem jüngeren Leben öffentlich erklärt hatte, er werde sich als überzeugter Anhänger der NGOs jeder staatlichen Ehrung verweigern, es gab auch den Festvortrag von Frau Grebenstein persönlich, in dem sie diskret und doch intim ihren gemeinsamen Weg an der Johannes-Universität nachzeichnete und sich an unvergeßliche gemeinsame Gespräche über Lösungsmöglichkeiten für die Probleme unserer Welt entsann. Eine internationale Gemeinschaft von Studierenden führte als Theaterstück den würdevollen Rücktritt König Sihanouks im Jahre 2004 vor, an dem Sluggan nach eigener Aussage nicht unbeteiligt gewesen war, um die friedensgetränkte Versöhnung im kambodianischen Volk zu beschleunigen. Nach schöner subtropischer Sitte umhängten die Studenten zum Abschluß ihrer Aufführung Sluggan mit einer Kette aus Orchideen, ihn als wahren ungekrönten König nicht nur Kambodias ehrend. Danach traten seine Mitarbeiter auf. Heimlich hatten sie für ihn eine Festschrift vorbereitet. Ganz überraschend für ihn wurde sie ihm mit Beiträgen seiner Kollegen, Mitarbeiter und Schüler über Konfliktbewältigung von Sippenfehden in südchinesischen Dörfern, mit einer Neubewertung des Pol Pot-Regimes aus zeitlich hinreichender Distanz, mit unverhältnismäßig zahlreichen Beiträgen über den irischen Freiheitskampf von Parnell bis Gerry Adams überreicht. Danach war der Stormond unser. Dieses Bündel von Ehrungen zwang ihn wider Willen zu einer fast einstündigen Dankesrede, in der er seinen Lebensweg von Wicklow über Paris, New York und Angkor Vat bis nach Canberra, Beijing und schließlich Gütersloh nachzeichnete, wie er zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten Aristoteles, Thomas von Aquin, Kant, Hegel, Derrida, Luhmann und weitere Größen, deren Namen er fallen ließ, falsifiziert habe. Zum letzten Mal beschwor er öffentlich mit auf dem Rücken gekreuzten Fingern die liberale Duzgesellschaft. Es war ein großes Ereignis, das nur Leute wie Frau Labé und Guby vorzeitig verließen, indem sie sich in ein regennasses vom Akt gefangenes Gütersloh hinauswagten.

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