Dienstag, 11. September 2012

Lesender Weise 17

Lesender Weise 17


Die Hochglanzbroschüren der Johannes-Universität trugen die Überschrift „bologna process: the fulfillment of the european higher education area. wir su­chen die Besten der Besten, um unser Bestiarium zu füllen. Wir wollen die Besten, auch wenn die Besten nicht immer unkompliziert sind, auch wenn die Besten nicht immer die einfachsten sind“. Verborgen wurde die Unmöglichkeit des Universi­tätswechsels hinter dem Slogan: „you will never want to leave John-University again“. Und das trotz einer Unzahl von Partnerschaften mit Universitäten in aller Herren Länder, einschließlich der Sapienza in Rom. Nicht weitersagen: Das ist der Forschungs-, nicht der Studienverbund.
Als gehörten sie nicht dazu, traten die Manager der deutschen Industrie und der deutschen Banken immer wieder in breiter Phalanx auf und äußerten sich auf Talkshows, auf Pressekonferenzen, auf denen es oft galt, Mißerfolge zu erklären, und natürlich in den ihnen zur Verfügung gestellten Spalten deutscher Qualitäts­zeitungen daüber, dass der Standort Deutschland schon seit etlichen Jahren den Anschluß an die Weltkonjunktur verloren habe. Es konnte nicht mit den Wachstumszahlen der Volksrepublik China und in etwas jüngerer Zeit Rußlands konkurrieren. Sie konstatierten, dass Deutschland seine Volkswirtschaft erfolg­reich umbauen werde, so dass der deutsche Aktionär in Gestalt der Großbanken und Versicherungen mit Renditen rechnen können werde, die denen entsprechen, die noch vor einigen Jahren David Beckham und Zinedine Zidane aus ihren Füßen zogen – share holder value. Das geht aber nicht ohne schmerzhafte Einschnitte und ohne mehr Eigenverantwortung des einzelnen, der nicht Aktionär ist. Wir fordern die Aufgabe der sozialen und ökologischen Romantik. Wir fordern aber auch, das angestaubte Gerede über Gemeinkosten-Wertanalysen und strategische Portfolio­analysen aufzugeben, nicht mehr Lean Management, Total Quality Management oder Business Reengineering zu propagieren. Dies wollen wir den Jugendlichen, die jetzt am Beginn ihres Berufsweges stehen, klar machen: Die Eigenverant­wortung wird größer. Wer seine Zukunft sichern will, muß sich heute in stärkerem Maße als früher selber dafür einsetzen. Er darf sich nicht allein auf die Ge­meinschaft verlassen. Und dies wird so formuliert, dass hier die Gemeinschaft, dort Du bist. Die Gemeinschaft sind nicht mehr wir, sondern ein anonymer über­forderter Wohltäter. Und wir, das sind die Parasiten. Aber – und jetzt kommen die Streicheleinheiten – es gibt zahllose Möglichkeiten, Dinge selbst in die Hand zu nehmen, zu verbessern und zu gestalten. Wer etwas bewegen will, kann gerade auch in der Welt der Technik, aber auch insgesamt als aktives Mitglied der modernen Wissensgesellschaft seinen Weg machen. Wir von Seiten der Wirtschaft werden dafür sorgen – und tun es bereits, vor allem an der Johannes-Universität –, dass der Innovationsgeist unseres Nachwuchses die besten Rahmenbedingungen findet, dass Innovation zu einer Dauerinvasion in den menschlichen Geist wird. Unsere Hochschulpartnerschaften, in denen wir gegenüber den Wissenschaften unsere Erwartungen an diese artikulieren, durch Stipendiatenprogramme und den dualen Weg einer begleitenden Berufsausbildung – eine Unverschämtheit verblen­deter Jugendlicher, wenn sie spötteln: „vom Praktikum in die Rente“, schließlich müssen wir darauf achten, im Interesse der Gemeinschaft unsere Gestehungs­kosten so gering wie möglich zu halten – wirken wir darauf hin. So werden wir weltweit den besten Nachwuchs hervorbringen, einen Nachwuchs in einer Kultur, die die Unersättlichkeit des Lernens so internalisiert hat, dass sie auch im Erfolg nicht nachläßt. Denn auch ein Elefant muß tanzen, er muß Angst vor dem Tod haben. Wenn nicht, stirbt er. So beweisen wir, dass wir uns nicht länger nur auf die Innovation von Produkten beschränken, sondern dass wir einen Beitrag zu einem ernsthaften, konstruktiven Dialog über die Innovation unserer Gesellschaft leisten. Die Besten werden diejenigen sein, die den Elitestudiengang „Finance & Information Management“ absolvieren, zuerst nur an den Reklameplakaten der Deutschen Bank vorübergehen, diese später selber kreiieren. Die Unterschrift unter solchen Aufrufen war schließlich das Kollektiv der Universität, auch wenn der spätere historische Bildungsforscher besonders häufig die der Grebenstein ent­deckte, aber selbst van Groningen ließ sich zur Unterzeichnung verleiten. 
Eine sehr frühe, später zurückgenommene Entscheidung war das in Reaktion auf die gesellschaftlichen Bedürfnisse und im Interesse späterer Karrieren entworfene Konzept der Doppeldiplome, ein natur- oder sozialwissenschaftliches und zu­sätzlich ein kulturwissenschaftliches Diplom, mit dem aktive sprachliche Kom­petenz, nicht nur Lesefähigkeit und interkulturelle Kompetenz soweit vermittelt werden, dass sich der Chinese wie ein Deutscher und wir uns korrekt chinesisch verhalten, oder aber, ab wann wir in China die Contenance aufgeben können, ohne das Gesicht zu verlieren. So etwas nennt man im Geschlechterkampf Rollentausch, im akademischen Bereich internationale Kompatibilität. Damit erfüllen wir die Forderungen der Wirtschaft nach einem ganzheitlichen Bildungsideal, nach Ge­genwartsbezug, nach teilnehmender Beobachtung im Interesse der deutschen Wirtschaft und Politik, welche elegant auf der Spitze eines Stecknadelkopfes tanzen. Unsere Studiengänge, auch wenn sie seit Bologna die selben Namen tragen, müssen sich nur durch Gleichwertigkeit, nicht Gleichartigkeit auszeichnen, wenn wir auch manchmal durcheinander geraten und nicht mehr genau wissen, ob wir gleichwertig oder gleichartig meinen, was aber angesichts unserer Führungsrolle kaum Bedeutung hat. Auf jeden Fall nennen wir heute interkulturelle Kompetenz, was törichterweise in nationalsozialistischer Zeit als Nationenwissenschaft, nach 1968 als Ausbruch aus dem Elfenbeinturm gefordert wurde, zwar sich selbst zu erkennen, vor allem aber sich selbst in den politischen Möglichkeiten unserer Antipoden zu erkennen.
Stattdessen sind wir voller revolutionärer Pläne und zerstören unsere Revolution, weil wir dem Rest der Uneingeweihten nicht zuviel Fremdheit zumuten wollen. Wir wollen zum Nachdenken zwingen, wollen die Schere, die sich auftut zwischen den Wissensmöglichkeiten unserer Informationsgesellschaft und unserer hirnigen Kapazität, wieder schließen, aber nicht nur das, auch dem Zufall wollen wir wieder eine Chance geben. Im Schutze des von uns kontrollierten wissenschaftlich und in seinen Entscheidungen von Bertelsmann und anderen möglichen Mobbinginsti­tutionen unabhängigen Centrums für Hochschulentwicklung bieten wir bei uns – allerdings, ohne ältere und bewährte Studienmuster aufzugeben – die ganze Liste universitärer Berufsattrappen an, den bereits erwähnten Kulturwirt und Wissens­wirt und Wissensbilanzierer, darüber hinaus aber auch die Angewandte Literatur- und Kulturwissenschaft, in der Lesen zu einer Anwendung wird. Wir bieten die Angewandte Geschichte der Moderne als Vorbereitung zum Politiker, die Kultur­wissenschaft der Antike als Vorbereitung für Werbung und Sportjournalismus, Interdisziplinäre Mittelalterstudien zur Vertiefung in arbeitsmedizinischen Tätig­keiten. Wir bieten auch Studiengänge zu den verschiedenen erneuerbaren Ressour­cen: man kann Wasser, Luft, Sonne studieren in Verbindung mit ökonomischen Kenntnissen zur mittelfristig tragfähigen Subventionspolitik. Alle diese Studien­gänge werden von Einführungen in Methodik, Didaktik und Präsentationstechni­ken begleitet, e-learning ist längst eine Selbstverständlichkeit, weil damit unser Anhang befriedigt werden kann, auch wenn die Präsenzpflicht bestehen bleibt und ein Großteil der Lehre darauf verwandt wird, Anwesenheit festzustellen. Die wahr­haft tüchtigen Studenten nutzen längst die vielfältigen Möglichkeiten interkom­munikativen Lernens im Internet mit Lernspielen zur Relativitätstheorie mit Hilfe baden-württembergischer Reklametafeln oder zur chinesischen Geschichte mit Katastrophenszenarien bei falschen Antworten. Auf Schleichwegen wollen wir unser Ziel erreichen und bemerken nicht, wie unsere Hintern immer fetter und in einem tollpatschigen Tanz umwerfender und wir von Helden zu Autokraten wer­den.
Im Sinne Heraklits soll es nicht darum gehen, durch das Studium in Gütersloh ein Faß zu füllen, nicht im Sinne des Nürnberger Trichters die Studierenden abzu­füllen, sondern es soll eine Flamme entzündet werden, die von den Absolventen in die Welt hinausgetragen wird, auf dass sie zum Besseren verändert werde und niemand mehr sagen könne, die weitaus besten Männer und Frauen lägen auf den Friedhöfen. Geschehen kann dies durch kleine Seminare, also günstige Dozenten-Studenten-Relationen, durch die Forderung ständiger Mitwirkung und sei es, dass man dafür die Nächte in der Bibliothek mit handgreiflicher oder virtueller Recher­che durchwachen muß, einmal mehr nicht wie in Wiens Hauptbibliothek, da die Außenwelt der Stadt fehlt, die man einbeziehen könnte, etwa in dem Sinne, dass hier Familien Kaffee kochen können. Das bedeutet natürlich, dass ein ganz be­stimmter Studententyp erforderlich ist, der nicht vor dem Zeitgeist kriecht, ihn vielmehr schafft. Es ist zu überlegen, ob man Kriterien der öffentlichen Anerken­nung zu Grunde legt, dass zugelassen neben den Oberstufenabsolventen des Stiftischen Gymnasiums nur Studienstiftler, Fulbrightstipendiaten, Landessieger bei „Jugend forscht“ oder im poetischen Wettstreit mit den Schülern der Poetik am Fürst-Erzbischöflichen Gymnasium zu Kremsier geworden sind oder „A Star is Born“ werden, junge Menschen, die die Hände des Bundespräsidenten oder zu­mindest der führenden Jury-Mitglieder bereits geschüttelt oder big brother und den Dschungel überlebt haben. Eine andere Möglichkeit ist der Nachweis eigener öffentlicher Aktivitäten in politischen Organisationen als Beweis von intellektuel­ler Wachheit und sozialer Verantwortung oder wenigstens eine Befragung für das Politbarometer des deutschen Fernsehens, die Inhabe von Vorsitzen in studenti­schen und anderen Vereinigungen – z.B. die zehnjährige Mitarbeit in und zeit­weilige Leitung der Jugendarbeit in der evangelischen Kirche zwischen sechzehn und sechsundzwanzig, nebenher als Assistentin der Geschäftsleitung eines Fremd­spracheninstituts etc. oder Managerin von Ashoka – mit der dennoch hinrei­chenden Flexibilität, im richtigen Moment sperrig oder nachgiebig zu erscheinen – oder beruflicher Erfolg bereits in jugendlichem Alter im Theater, Film oder durch den Aufbau eines Internet-Start-ups. Auch das konnte natürlich tendenziell ins Auge gehen, so als unter dem Vorzeichen der Universität zwei Studenten eine Internet-Seite einrichteten „Fuck for Forest“, bei der man gegen eine Gebühr von 25 €, die dem Schutz des Regenwalds zu Gute kam, sich bis zu den sekundären Geschlechtsorganen entblätternde Studentinnen und Studenten betrachten konnte, während alle Ebenen der universitären Bewilligungshierarchie vom guten Zweck geblendet wurden. Einen begrenzten herostratischen Ruhm ernteten die beiden zusammen mit der Krombacher Brauerei dadurch, dass sie den juristischen Leh­rern nach dem Herrenreiter und diversen Viagra-Reklamen unter der Gürtellinie einen neuen einprägsamen Fall schenkten. Aber obwohl man auch alle anderen Überlegungen anderer deutscher Universitäten vom Interview mit fachbezogenem Eignungstest bis hin zur Feststellung des IQ durch MENSA gegen vom Studenten zu tragenden Gebühren erwog, wurde schließlich aus Bequemlichkeitsgründen dem schulischen Hintegrund der Vorzug gegeben.
Der studentische Typ entsprach den Vorstellungen, die vor wenigen Jahren der Präsident der Freien Universität, Dieter Lenzen, in einem Beitrag in der Hauspo­stille der Universität formuliert hatte und den Frau Grebenstein ausgeschnitten und hinter Glas statt des Photos eines geliebten Menschen auf dem Schreibtisch stehen und internalisiert hatte. Sie hatte – und mit ihr die ganze Universität – den Bil­dungsauftrag erfüllt, junge Menschen, fast noch Kinder durch das Studium zu ge­leiten, hatte die Kollegformen geschaffen, die den schulischen Unterrichtstyp mit der Freiheit und gleichzeitig der (Methoden-)Strenge wissenschaftlicher Erkennt­nissuche verbinden, damit es an gelahrten Leuten in unsern Landen nicht Mangel gewinne.
Alle diese Möglichkeiten wurden zumindest in einer gewissen Ausschließlichkeit verworfen. Eines stand fest: obwohl das Studium frei sein sollte (siehe die relativ bescheidenen Mittel, die durch Studiengebühren erwirtschaftet werden können), nur handverlesen sollte die Zulassung zum Studium erfolgen. Nicht gebraucht al­lerdings wurde das beliebteste Privatisierungsargument gegen Studiengebühren, dass nämlich, da diese nur den staatlichen Zuschuß senken würden, auf diese ver­zichtet werden könne, ein schönes Beispiel für den Weg der Akademiker zur Emanzipation vom Staat. Gesucht werden Studierende, die bereit sind Spitzen­leistungen zu vollbringen, geboten wird von der Universität neben der Ermunte­rung, dass sich die deutsche Wissenschaft auf die Hinterbeine stelle, dagegen die Chance „to be free to be excellent“, d.h. mit Eigeninitiative Stipendien, Praktika und Auslandserfahrung zu sammeln und den eigenen so klar vorgezeichneten Karriereweg zu gehen, lediglich mit dem Gütesiegel der Johannes-Universität zu Gütersloh und Coaching-Kursen für den Karrieresprung durch seriöse Coaches, die sich selber supervidieren lassen. Damit haben wir exzellente Programme für die Karriereplanung der Young Professionals, die wir über Gütersloh hinaus mit europäischem Gütesiegel in den internationalen Wissensverbund integrieren, mit Tromsø, Turku, Truro und Tréguier verknüpfen.
Von den Studenten werden gute Dozenten-Studenten Relationen gesucht, der scheinbare Schritt ins tatsächliche Leben, wenn man mit Managern von Bertelsmann oder Miele ganz unmittelbar studieren kann, nicht mehr auf Vorle­sungen angewiesen ist, sondern in der gemeinsamen Auseinandersetzung während des Rollenspiels zu komplexen Fragen komplexe Antworten erkämpft und die Grenzen neuer Theorien und die Möglichkeiten ihrer praktischen Relevanz opti­mistisch desillusioniert erkennt. Sie wollen die Energie entschlossener Kommi­litonen verspüren, auf die vom ersten Tag an Verlaß ist, die aus eigener Initiative Verantwortung übernehmen und Außergewöhnliches tun, statt einfach den Lehr- und Lernplan zu erfüllen. Sie möchten Zeit haben für Fragen, Irritationen und ausgedehnte Antworten. Z.B. soll es nicht mehr ein Wirtschaftsstudium im kon­ventionellen Sinne mit simplen einlullenden Steuerungsmodellen geben, vielmehr soll es von Impulsen aus der Soziologie, Politologie und Philosophie beeinflußt werden. Es soll die Entwicklung von Märkten und Unternehmen vor allem in in­stabilen, turbulenten und unbekannten Kontexten erforschen, Risikomangement und Trendbestimmungen vornehmen und einmal mehr die Wechselwirkung von Wirtschaft und Kultur bestimmen. Es soll der Wohlstand im dritten Jahrtausend bewahrt werden, indem the year 20?? – beliebig –  will be joined to the learning curve of European asset management, die zu Wohlstand und sicheren Häfen führt hinter dem Horizont von 2009/2010, denn je gefährdeter die Welt, desto nötiger der Fortschritt, der bei uns konkretisiert wird. Zu diesem Behufe werden sich der Managing Director and Head of Portofoliomanagement der Hypo-Vereinsbank, das Mitglied of the Board der Union Asset Management Holding, die Executive Director und die Quantitative Strategies & Global Balanced Product Manager der Féderation – unter Einschluß Rumäniens und der Türkei – Européenne et Chinoise des Fonds et Sociétés d’Investissement, der Global Head of Markets Research und Global Markets und die Präsidentin der Services for Asset Managers den bohren­den Fragen der Studenten nach dem technological launch pad, der new distribution power und dem virtual vendor and buyer stellen. Dadurch sollen die portfolio returns by tactical asset allocation verstärkt werden. Die Frage des level playing field oder des playing on different levels soll ebenso angesprochen werden wie prudential standards und portfolio performances. Und eine Herausforderung für Lehrende und Lernende wird wegen der relativ ungewöhnlichen sozialwissen­schaftlichen Orientierung die Auseinandersetzung mit den traditioneller orien­tierten wirtschaftswissenschaftlichen Organen sein, denn Antworten von gestern taugen nicht für Fragen von morgen. Allgemeinbildung in zwei, Eliteausbildung ebenfalls in zwei, Spezialisierungen in einem weiteren Jahr sollen vermittelt werden, lebenslanges Lernen wird in drei Jahren erledigt und dann den Absol­venten als Lebensaufgabe mitgegeben zusammen mit der Fähigkeit zu erfragen, was gelernt werden muß. Dies geschieht durch unsere eigenen Anstrengungen, aber auch durch die vertraglich abgesicherten Synergieeffekte, die sich aus der Beteiligung der Johannes-Universität am virtuellen Hochschulverbund von Bayern, über Hagen bis nach Berkeley und Beijing ergeben. In nur wenigen Jahren werden unsere Absolventen nicht nur mit den besten der Welt konkurrieren, sie werden die besten sein. Um dies zu erreichen haben wir die Trimestereinteilung eingeführt, haben das Lehrdeputat des arbeitenden Teils der Dozentenschaft erhöht und damit eine unvergleichliche Betreuungsdichte erreicht. Ein gewünschter Nebeneffekt ist die dadurch erreichte Bindung der Studenten an unsere Universität, weil wir be­wusst die Kompatibilität mit dem ach so maroden sonstigen deutschen Universi­tätssystem aufgeben und einen Studienortwechsel praktisch unmöglich machen. Und natürlich weisen wir die Vorwürfe von Heike Schmoll, dass wir zur Fach­hochschule denaturiert sind, entschieden zurück. Ist die geglückte Integration der Pädagogischen Hochschulen vor mehreren Jahrzehnten tatsächlich bereits verges­sen?
Und die Johannes-Universität wird diskrete Annoncen placieren in Anlehnung an die im Internet oder in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wie z.B. die des Prof. Dr. Wolfgang Scholze vom Institut für Wissenschaftsberatung Dr. Frank Graetz und Dr. Martin Drees GmbH, der bei der legalen Realisierung „Ihres Promotions­vorhabens“ helfen möchte. Sie wird berühmte Jornalisten mit leichtfüßigen Essays promovieren und später für die regelmäßigen Pressekonferenzen der Universität akkreditieren. Und sie wird Auslandsjobs, gegebenenfalls sogar im Irak oder in anderen interessanten Staaten des Nahen Ostens, vermitteln und darüber hinaus darauf achten, dass die Gehälter nicht wie bei amerikanischen Managern stagnie­ren.
Daraus ergibt sich, dass die Studierenden an unserer Universität über analytisches und vernetztes, analysierendes und vernetzendes Denken und über kommunikative und soziale Fähigkeiten verfügen müssen. Englisch wird die lingua franca sein, wenn man von expansionierender Interlektualität – ist das Intertextualität?, die in Containern im Meer versinkt wird – hinter Capri?, so dass die Fischschwärme erschreckend und erschrocken auseinanderstieben – wer erschreckt wen, während er erschrickt?, um schließlich im Konsenz – hinter Konz an der Mosel, beim Zusammenfluß von Mosel, Saar und Ruwer? – wieder zusammenzufinden. Über Partnerschaftsverträge sollen Sprachkenntnisse bei den jeweiligen Eingeborenen erworben werden, die Muttersprache hier im Lande, auf das zumindest das Deutsche beherrscht werde und wir nicht in prähistorische Lallphasen zurück­kehren, weil wir keine Sprache mehr beherrschen abgesehen vom undifferen­zierten Englisch des jeweiligen Ausländers. Natürlich werden wir Kollegen un­serer Partneruniversitäten regelmäßig einladen und so unseren Studenten die Möglichkeit geben, die jeweilige Muttersprache zu hören, nicht nur Englisch der Kreationisten, sondern eben auch Französisch der Resistance, Russisch der Nomenklatura, Arabisch der Aufklärung und Chinesisch des Neokapitalismus. Hindi lernen wir zuerst, dann hören wir es von den Inhabern der Greencards oder den angeblichen Nutznießern des deutschen Einwanderungsgesetzes.
Daraus ergibt sich überdies, dass Forscher, Lehrer und Studenten zu Teilnehmern eines transmutativen Marktgeschehens werden. Die Absolventen werden zu einem Produkt, dessen Wert durch Controlling eruiert wird. Und so benötigen wir auch den fähigen Controller, der als Wissenswirt ausgebildet ist.
Und so wird bei einem der ersten Rankings bereits Gütersloh im Gesamturteil der Studierenden den ersten Platz einnehmen, in einer ganzen Reihe weiterer Kate­gorien – denn auf dem Campus ist die ganze Welt vereint und um die Ecke lockt die jugendliche Kulturszene Güterslohs und seiner Universität, nur wenig weiter die etablierte Kultur Westdeutschlands und der Niederlande gepaart mit schöpferischer Liberalität – und keineswegs zuletzt auch bei den wissenschaft­lichen Veröffentlichungen als Maßstab für die Forschungsleistung führend sein. Keiner hat mehr die Möglichkeit, alles zu lesen – die neue Form des Analpha­betismus, weil erstickt unter den Kissen voller Wörtern – und festzustellen, wie die Versatzstücke aus dem PC purzeln, sich mit den neuesten Internetseiten vermi­schen, so dass es kaum nötig sein wird, deswegen einen Mord zu begehen. Wird man bei studentischen Arbeiten noch Suchmaschinen wie www.google.de oder ähnliche oder www.hausarbeiten. de und www.plagiarism.org einsetzen, wächst das Vertrauen mit dem Erfolg und ein Professor, des Plagiats überführt, wird kaum noch Folgen verspüren, besonders, wenn das Plagiat auf einer Stelle an einer norddeutschen Universität aus Diskretion und kollegialer Solidarität im äußersten Südwesten nicht bekannt wird und daher folgenlos bleibt. Die ersten Schritte können auch folgenlos bleiben, wenn man der modernen Moral der Diskretions­zonen folgt und seine Arbeit zu einem Teil der Prüfungsakte erklärt. Am wirk­samsten jedoch tritt man den interessierten Bösen durch Veröffentlichung von neueren Arbeiten entgegen. Wir montieren Heldenlieder zu Nonsense-Versen von Edward Lear, wir kopieren, was die Copy-Taste noch nicht erfaßt hat oder wenn, transponieren wir Troja in unsere Welt. Jede Überprüfung unserer Arbeit darf nur mit der gebotenen Fairness uns gegenüber erfolgen. Die Erfindung von Ergeb­nissen muß uns nachgewiesen werden. Das gleiche gilt für den Vorwurf des selektiven Ausblendens und Verschweigens unerwünschter Ergebnisse oder ihrer Substitution durch erfundene Ergebnisse. Beweisen Sie mir die mißbräuchliche Anwendung statistischer Verfahren in der Absicht, Daten in ungerechtfertigter Weise zu interpretieren. Was kann ich für die Qualität chinesischer Statistiken, was für die zur Fehlinterpretation einladenden Daten und was dafür, dass ich die neuesten Methoden nicht beherrsche? Unter welchen Bedingungen habe ich Er­gebnisse verzerrt interpretiert oder daraus ungerechtfertigte Schlußfolgerungen gezogen? Wo und wann sind die Grenzen zum Plagiat überschritten, nachdem mich eine westdeutsche Universität trotz solcher Vorwürfe – zu lächerlich, da es sich doch nur um eine graue honorierte Publikation des niedersächsischen Presse- und Informationsamtes gehandelt hat – auf eine Professur berufen hat. Spätestens dann bin ich für die Zukunft exkulpiert. Wie kann ich fremde Forschungser­gebnisse verzerrt wiedergeben, wenn ich sie nicht verstanden habe, und schließlich: wozu habe ich Mitarbeiter, wenn ich deren Forschungsergebnisse nicht unter meinem Namen veröffentliche? Schließlich verdanken sie mir ihre Stellen, und der Weg des Assistenten muß ein Leidensweg sein, wie der Kollege einer künftigen erhofften, doch nicht realisierten Eliteuniversität noch 2004 behauptete. Und dann noch der Kleinkram: Warum sollte ich Mehrfachveröffentlichungen, eine unschuldige Variante der versteckteren Redundanz, die meine Publikationsliste „wattieren“, offenlegen, warum bei der Mühe des Recherchierens und Kopierens die zusätzliche Qual des Zitierens auf mich nehmen, warum nicht lieber zu Ko­pierendes durch Verfremdungsprogramme jagen, um denunziatorischen Abmahn­vereinen zu entgehen, warum nicht die Laienöffentlichkeit so schnell wie möglich an meinen Forschungsergebnissen teilhaben lassen, bevor sie von Zweiflern und Neidern zerredet werden? Warum sollte ich ältere Ergebnisse anderer nennen angesichts der immer kürzeren Halbwertzeit wissenschaftlicher Erkenntnis? Oft sind es meine eigenen, bei denen mich allenfalls der Vorwurf des Wiederholungs­täters treffen könnte, eigentlich aber auch nicht, wenn der Leser nicht in der Lage ist, die so ungemein wichtigen verschobenen Nuancen zu erkennen. Muß man nicht anerkennen, dass sich die wissenschaftlichen Arbeits- und Schreibtechniken geändert haben? Natürlich hat die Johannes-Universität als eine der ersten in Deutschland, als erste von Anfang an – der Vorteil der späten Geburt – Leitlinien für den Umgang mit Plagiatoren in ihre Studien- und Prüfungsordnungen auf­genommen, Plagiat zum Delikt erklärt, das mit der Verweisung von der Universität geahndet wird. Aber das gilt für die Studenten. Für uns Professoren und Dozenten ist dies ein wirksamer Schutzwall gegen Vorwürfe dieser Art gegen uns. Und meinen Mitarbeitern habe ich in der Regel im Vorwort gedankt. Dennoch wache ich wegen dieses Fragenkatalogs schweißgebadet auf und nehme um sechs Uhr früh eine kalte Dusche. Der Kälteschock läßt mich die Realität wieder sehen: das macht man nur in Dänemark so. Und nicht nur das: haben wir doch im Einklang mit dem Centrum für Hochschulentwicklung und von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft unterstützt einen eigenständigen Lehrstuhl für Bibliometrie zur Entwicklung eines gerechten impact factors an der Johannes-Universität einge­richtet.
Doch nicht nur die Evaluation durch die Studierenden wird derart positive Ergebnisse bringen, auch professionelle, mitbestimmte Gutachtergremien werden das Bündel innovativer Maßnahmen, Kommissionen und schließlich Forschungen in sich selbst als ebenfalls innovative Leistung ansehen. Neben der Kommission für innovative Strategien und zum Ausbau von Kooperationsnetzen, die Arbeits­gruppe Forschung, Technologie und Innovation, daneben die bloß für Technologie und Innovation, die Bildung eines Technologierats, Initiativen, die Impulse für Fortschritt und Innovation liefern, die Forschergruppe für ökologisch-soziale Innovation und sanfte Gentechnik bis hin zur allgemeinen Innovation Deutsch­lands, das Institut für Zukunftstechnologien, das Rechtsinstitut Gerechtigkeit und Innovation, das Institut für Bildungsstandards, wo normierte Testaufgaben zur Evaluation von Schüler- und Studentenleistungen, nachdem zunächst Bildung selbst normiert worden ist, entwickelt werden, wodurch die Universitäten selb­ständig in die Lage versetzt werden, sich der in der Lehre erreichten Leistungen zu vergewissern. Hierfür wurde überdies nicht ein Professor aus Erlangen, sondern auf direktem Wege der Bildungsguru der OECD gewonnen. Und schließlich die Federführung in von der Bundesregierung eingerichteten Innovationsräten.
Nicht zu vergessen das Kontrollnetzwerk, das man selbst kontrolliert, so dass Schreibtischtäterschaft nach menschlichem Ermessen nicht entlarvt werden kann, selbstverständlich Aufmerksamkeit erfordert. Dies ist die einzige schwache Stelle: durch Gewohnheit entschärfte Umsicht. Noch besser ist es, wenn der Betrogene und Betrüger zugleich ein Leibniz-Preisträger ist. Dann kann man sich einmal mehr auf die Lichtenbergsche Übersetzung eines Butlerschen Distichons zurück­ziehen: „Gewiß hat beides sein Vergnügen, Betrogen werden wie Betrie­gen.“ Subsumiert wird ein intensiver wissenschaftlicher, komplexitätsreduzierter Ausstoß schließlich wissenschaftlicher Kreativität. Tun kann man dies auch durch umfangreiche Selbstzitate oder die Aufnahme überflüssiger Teile wie Literatur­listen oder gar Bibliographien statt eines bloßen Verzeichnisses der benutzten Literatur oder durch leicht überarbeitete Tabellen und Schaubilder. Und alle berufen sich wie amerikanische Präsidenten auf Paulus, der den Ephesern (4,25) schrieb: „Darum leget die lügen ab, und redet die wahrheit, ein jeglicher mit seinem nächsten, sintemal wir untereinander glieder sind“. Also, unsere Studenten sollen lernen, wie man Erfolg hat, sich nicht auf die Fälschung spektakulärer Forschungsergebnisse einläßt, die nur den aufmerksamen Neid der Kollegen und unerwünschte Reaktionen der Geldgeber provozieren. Viel sicherer ist es, tatsäch­lich geleistete Forschung als relevant zu verkaufen, wie z. B. in welcher Jahreszeit und dann sogar vielleicht aus welchen Gründen die meisten Kinder gezeugt werden – dann könnte ein Großteil der Geburtskliniken geschlossen oder zumindst für zehn Monate im Jahr umfunktioniert werden. Oder man führt spektakuläre Forschungen über die männlichen und weiblichen Geschmacksnerven durch, um hinterher festzustellen, dass die besseren Bier-Verkoster die Frauen sind Es ist lediglich der vergebliche Aufstandsversuch der Kleingeister im Mittelbau, wenn einer von ihnen zu fragen wagt: „wie, Sie lassen nicht forschen?“ Das sind doch nur die Kritiker an Jayson Blair, die die Effizienz des Spiels vergessen, entweder mit Enthüllungen zu drohen oder die Ergebnisse anderer unerfragt und nicht gewürdigt zu übernehmen. Wie oft wird denn eine Versuchsreihe entlarvt? Wie oft der Geldgeber eines Forschungsberichts? Was für eine Freude, welch ein Ansporn es ist, mit den Geldern der Autoindustrie die Sicherheit und Schadstoffarmut der Autos, mit denen der Pharmaindustrie den Nutzen von Medikamenten, mit denen der Klein- und Mittelunternehmen die Folgen des Subventionsabbaus abzu­schätzen, zu verdrängen, dass wir an einem Punkt angelangt sind, an dem wir die verfügbare Masse nur noch verschieben, um Wachstum zu beweisen, die Bundes­länder für Investitionen bezahlen, der Bund für Exporte die finanziellen Garantien übernimmt, alles in der Hoffnung einer wundersamen Vermehrung. Und damit wird die Johannes-Universität zu einer blühenden Landschaft, und weiter bedeutet es für die Johannes-Universität, den besonderen Geist einer besonderen Universität sichtbar zu machen. Was aber auf keinen Fall geschehen sollte: wegen fehlender Modernität zu dauernder Modernisierung gezwungen zu werden. Die Offenheit der Lehre und des Studiums bedeutet die dauernde Chance zu unangestrengter Innovation. Doch auch unmittelbare akademische Ehren werden auf diese Weise erworben, so dass eine Absolventin der außereuropäischen Kunst unter dem Schutz von Frau Kim-Sebestyn, Caroline Brückner, zählbar unter die oberen Zehntausend der deutschen Akademia, zu den oberen Hundertausend der deutschen Gesellschaft schon sehr bald mit den höchsten akademischen Ehren Deutschlands ausgezeichnet werden wird, wobei die laudatio einem großen Biologen, dem Vizepräsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Präsidenten einer renommierten deutschen staatlichen Universität und naivem Huldiger arkanisierter und damit populärer Wissenschaft obliegt:

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