Es wurden weitere Genies mit Diplom
erschaffen, die wie Friedrich Sänger, eine weitere jugendliche Größe aus der
Johannes-Universität, die political
correctness internalisiert hatten, mit Texten und Daten jonglierten und
diese den gerade modischen Fragestellungen unterordneten, die wissenschaftliche
und gutachterliche Strenge walten ließen, wenn andere auszuscheren drohten. Wie
sollte dies erreicht werden? Zunächst einmal durch den Verzicht auf Fakultäten,
durch die Schaffung der großen Gemeinschaft aller Lehrenden und Lernenden,
Lernenden und Lehrenden in vertauschten Rollen. Die verschiedenen Nuclei verpflichten
die Lehrenden zu dauernder interdisziplinärer Interaktion, zu aktivem und
reaktivem Reagieren und Agieren, allerdings auch immer wieder zum Mut zur
Lücke, zum Verzicht auf das Persische, wenn man Osmanisch mehr als nur lernen
wollte, auf das Griechische, wenn man die Briefe des Apostels Paulus studierte
– sie waren eh bereits ausgelutscht, der Mathematik für die Statik, wenn diese
durch Ästhetik ersetzt wurde. Auswärtige Einladungen ergänzen das Lehr- und
Diskussionsprogramm, auch wenn die Altmeisterin zur Technisierung der Welt aus
Santa Barbara völlig unvorbereitet zu uns stößt, die großen
Literaturwissenschaftler von Altdorf bis Zonguldak Kleinkunst betreiben. So
bleibt der Geist wach und wird erst vom Erfolg of the fittest fremddominiert,
doch dies ist ein dauerndes Wechselspiel in der Politeia des Geistes, weil
jeder zu einem Zeitpunkt seine Kapazität einbringt. Diszipliniert werden die
Geister durch die Überschneidungen der kleineren Nuclei in den größeren
Nuclei, die etwas vermögen, was die größeren nur selten vermögen, changierend
zeitweilig in einem anderen der größeren Nuclei aufzugehen. Das gesamte Angebot
der Johannes-Universität wird modularisiert, um jede nur denkbare Kombination
von Wissen zu gestatten. Module von zwei Semestern mit insgesamt acht
Semesterwochenstunden oder weniger erschließen durch stete Kontaktaufnahme
Kontinente des Wissens respektive der Erfahrbarkeit von Wissen. Gepaart wird
diese lebendige Welt mit Praktika bei der Europäischen Union in Brüssel, wo man
Kontakte knüpft mit EU-Beamten, zu Fachfragen recherchiert oder Geschäftstreffen
organisiert. Am Telephon wird keiner merken, ob man diese Arbeit seit Jahren
macht oder nur innerhalb eines viermonatigen Praktikums. Und ohne verwöhnt zu
sein, vermag man doch in Brüssel seine hohen Ansprüche zu befriedigen, indem
man das spärliche Praktikantensalär mit Stipendien des Deutschen Akademischen
Austauschdienstes und der regelmäßigen Teilnahme an abendlichen Empfängen
aufbessert, auch wenn man sich davor hüten muß, dass etablierte Eurokraten und
Lobbyisten die Kontaktbereitschaft der jungen Frauen und Männer missdeuten.
Aus solchen Praktika und ergänzenden
Kursen, geleitet wiederum von Praktikern bis hin zu Journalisten, die ihre
fremdlegionären Vietnamerfahrungen überaus kompetent in Wissensautorität über
die Nahost-, Iran- und zentralasiatischen Zustände und die Wege der französischen
Außenpolitik umsetzen können, turnusmäßig moderiert von der Professorenschaft
der Universität und in Partnerschaft mit renommierten ausländischen
Universitäten in Reading, Belgrad und Saloniki werden Studiengänge entwickelt
wie der Masters of Science in Real Estate & Construction Project
Management. Als Ergebnis werden wir junge überdurchschnittliche Absolventen
präsentieren, die durch Studium, Praktika und Auslandsaufenthalte ein ganzes
Gebinde von Fähigkeiten vorweisen können und dennoch bodenständig geblieben
sind. Was heißt bodenständig? Diese Frage beantwortet Katharina Stotz von Roche
Diagnostics in Mannheim: das sind nicht Leute die sagen: Hoppla, hier komme
ich, wo ist mein Super-Gehalt und mein Super-Auto? Vielmehr fördert man Dissertationsthemen
durch begleitende Symposien und Forschungscolloquien anläßlich der
hundertjährigen Jubileen der Fa. Wilmking bzw. der „Luchs“-Mausefallen oder der
Fa. Miele, die 1906 nach den entsprechenden Genehmigungen mit dem Bau ihrer
ersten Fabrik im Amt Gütersloh begonnen hatte. Vor allem dieses letztgenannte
Ereignis verlockte interessierte Forscher von China bis Tanzania – oder doch
von Albanien bis Zanzibar, um die verschiedenen Entwicklungsstufen und das
Weiterleben der von Miele produzierten Haushaltsgeräte von halb mechanischen,
halb manuellen Geräten bis zu den jüngsten von digitaler Technik gesteuerten
Wunderwerken zu belegen. Dass die osteuropäischen Studenten sich heute lieber
gleich für Amerika entscheiden, wenn sie auch in Deutschland bereits auf
Masters- und Bachelorstudiengänge stoßen, daran brauchen wir uns umgekehrt,
aufgefangen durch die gegenseitige Käuflichkeit, ebenfalls nicht stoßen. Dann
spielt auch die lästige Frage, ob neunzig amerikanische Hochschulen oder nur
68% von ihnen die deutschen Abschlüsse anerkennen, eine denkbar geringe Rolle.
Und so wird jeder unserer Kunden aus
China und den osteuropäischen Staaten erkennen, dass wir den Anforderungen der
Gesellschaft gerecht werden, unseren Studenten klare berufliche Profile
vermitteln, immer am Puls der Zeit erkennen, was unsere Kunden fordern, so dass
nicht mehr natürliche soziale Kompetenz von Bedeutung ist, sondern der Fakt, dass
unsere Absolventen von der Johannes-Universität stammen, überdurchschnittlich,
universal, umfassend und praxisbezogen ausgebildet sind, handhabbar,
modellierbar, gegangen durch die Schule der Studienstiftung des Deutschen Volkes.
durch die Mühlen einer erfolgreichen Bewerbung um ein Heisenbergstipendium,
gepaart mit fraglos anpassungsfähiger hinreichender Intelligenz.
Natürlich können wir sagen, dass der
deutsche öffentlich-rechtliche Professor und sein weibliches Pendant – wenn
auch vielleicht seltener – faul ist, doch werden wir in Gütersloh bald die
sogenannten, doch kostenpflichtigen privaten Rumpfhochschulen in den
Erfolgsmeldungen einholen und überholen, wenn wir die leistungswilligen,
kapitalkräftigen netzwerkbewehrten, in neuartigen Corporationen heimischen
Studenten gewinnen. Wir werden die Selbständigen aus Witten-Herdecke, die
Finanz- und Consultingbosse aus Koblenz-Vallendar, die internationalen Player
aus Berlin, die Unternehmensberater aus Leipzig, die Praktiker aus Oestrich
-Winkel und schließlich auch die Spitzenforscher aus Bremen verdrängen, weil wir
fast hundertprozentige Jobgarantien und noch bessere Karriereperspektiven
bieten, nachdem wir die Studenten zu käuflichen Seelen degradiert haben. Wie
man lernt, in zwanzig Jahren aus neunzig Ländern zu berichten, den Pulitzerpreis
zu bekommen und erst dann entdeckt zu werden, dass man als Schreibtischtäter
nur in Lebensgefahr war, oder die Photographie zur authentischen Lüge seit dem
Krimkrieg zu nutzen. Das Problem bleibt, was man als Mittvierziger mit dem
Karriereknick beginnen soll und von allen Augen, nicht nur von Ukrainerinnen,
wehrlos ausgezogen werden kann.
Wir werden den Gender-studies einen
neuen turn geben, wenn Absolventen der Johannes-Universität am Beispiel Corona
Schröters das Vordringen der Frau in eine männliche Domäne untersuchen, die
Wandlung der Frauenrolle auf dem Thespis-Wagen des 18. Jahrhunderts, die von
August dem Starken instrumentalisiert werden konnte, zum beginnenden Starkult
des 19. Jahrhunderts. Wir werden wie im kannibalischen Rausch
Wissenschaftspiraterie betreiben und doch das remake verschleiern.
Und dennoch gab es auch an der
Johannes-Universität Studenten, die man nicht verderben konnte. Das waren die
Erfahrungen des Professors Pierre Guby, den die Kommission in einem Augenblick
der Vernunft aus seiner vorher nie verlassenen Niesche in Nanterre herausgeholt
hatte, um die scientia scientiarum,
immer noch die Philosophie, auch in Gütersloh zu verankern – Guby selbst
formulierte es als Durchwanderung des Antares, zu verorten und damit auch die
Studierenden, denen, so wie seiner Zeit den Chemikern und anderen Praktikern an
der Technischen Universität in Berlin durch Walter Höllerer, ein politisch
akzentfreies Tor geöffnet wurde, das sie ihr Leben lang durchschreiten konnten,
an einem seiner Torbögen verweilen oder nur das Licht durch die Öffnung sehen.
Es war eine komische Mischung nicht korrumpierbarer Studenten, eine kanakische
Mehrheit, aufgrund ihrer Verwundbarkeit immer unter Spannung und wachsam,
schnell reagierend und eine dörfliche Minderheit, von Natur der kleinere Kern
rebellischen Geistes, pendelnd zwischen Zugehörigkeit und Protest, bestehend
aus den totgeborenen Löwenjungen, denen am dritten Tag Guby Leben eingehaucht
hatte. Beide Gruppen hatten die letzten zwei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts
übersprungen. Sie waren natürlich mit sich beschäftigt, waren in ihrer
Resignation dennoch der bescheidenen Hoffnung, ihre Aktivitäten würden mit der
Zeit ihren eigenen Sinn generieren. Sie spiegelten sich jedoch in ihrem
jeweiligen Gegenüber. Und: sie brauchten eine Gestalt wie Pierre Guby, der
nicht darunter litt, die Rolle des Heiligen Clemens von Ohrid spielen zu müssen,
den der Vergleich mit einem Flußpferd nicht kränkte, das unbeholfen und absurd,
aber lebendig die feuchte Landschaft um sich überragte, der sich auf
Maskenbällen mit einem Schild zu behängen pflegte mit der Beschwörungsformel βάρβαρος βαρβαριζούσα ζαβάχωρα βαρβάρων πυρί
πυριτουμόλε σώζε τόν φορούντα, und der mit einer seltenen französischen
Polyglottie seine Stunden mit französischem Akzent in fast allen
westeuropäischen Sprachen bestritt, sich des deutschen Wortes tiefster
Bedeutung, des englischen common sense und vermeintlicher französischer Prägnanz
bediente, in manchen Kanaken verständlichem Portugiesisch aus den Lusiaden
zitierte, wenn er den Aufbruch in die europäische Renaissance erklären wollte.
Doch wurde es ernst und wollte er einmal mehr einen Aufruf gegen die Zerstörung
des Privaten formulieren, so sprach er französisch vom bösen Zufall in der
Geschichte, dem Unterschied von Sünde und Recht und der schmerzlichen Freiheit
des einzelnen. Das begrenzte die Zahl seiner Studenten. Ihm gelang, von allzu
wenigen erkannt, der vergebliche Sieg der Philologie über die Ideologie mit
dem beglückenden Satz, dass die Sprache nicht Geist, sondern Werkzeug des
Geistes sei, ein Gebilde aus geistiger Notwendigkeit und geschichtlichem
Zufall. Und doch gehörte er zu den großen Zweiflern, die der Anwendung
abstrakter Universalien auf das wirkliche, warme und lebendige Leben mißtrauten.
Stattdessen hielt er es aber für unvermeidlich, den Schmerz der eigenen
Erfahrung und des eigenen Scheiterns zu durchleben. Er erwies sich als
destruktives Element, weil er seine Studenten als Erwachsene sah und anerkannte,
bis hin zu seinen Prüfungsgewohnheiten als Menschen behandelte, die ihre
Eigenverantwortung kannten und daher nicht kontrolliert werden mußten.
Er war auch der einzige, so Karls
Dossier, der nie bei seinen möglichen Begierden ertappt worden war. Es konnte
jedoch Dossiers geben mit wenig vorteilhaften Aufnahmen, von schräg unten, mit
vor Aufregung vorstehenden Augen, die absichtlich von seinen Gegnern gemacht
worden waren. Ein einziges Mal, doch nicht dossiertauglich, hatte er noch in
Unkenntnis deutscher Gepflogenheiten die Einladung zu einem öffentlichen Gespräch
über Weltverbesserungskonzepte mit dem Ministerpräsidenten der Bundesrepublik
Deutschland im Café Janicke in der Kökerstraße, das zu einer Literatur- und
Begegnungsstätte mutiert war, angenommen. Sehr bald merkte er, dass er nicht
in seinem Mettier war, und wenn er gezwungen war, etwas zu sagen, gab er teils
charmant, teils hölzern bekannte Welterklärungsmodelle von sich, die nicht falscher
waren als das, was von anderen gesagt wurde, aber kaum die Aufmerksamkeit der
Zuhörer erforderten. Nie wieder begab er sich in eine solche Situation. Und wie
verhielt er sich zur modernen Wissenschaft? Sehr gut, natürlich. Seine Sicherheit
vermittelte nicht die Überzeugung, jetzt sei durch ihn alles gesagt, dadurch
wurden keine Besitzansprüche auf Themen angemeldet. Er überließ die modernen
kritischen Methoden jenen, die diese am besten verstanden und sie formulieren
konnten, in welcher Sprache auch immer, selbst wenn sie der Sozialanthropologie
entstammten. Seine Maxime war nur, dass niemand das Recht habe, einem anderen
zu sagen, wie oder wie nicht ein Text zu lesen, eine Frage zu behandeln sei. Er
war ein ein wenig unduldsam gegenüber Toren, und doch duldete er eher ein
bißchen falsch verstandene moderne Theorie als die Zwangsjacke eines
Quellenforschers ohne Kenntnisse wissenschaftlicher oder literarischer Komposition.
Ein Ereignis, das niemand der
Gütersloher Macher wirklich begreifen konnte, war die Vergabe des
Balzan-Preises an Guby. Dafür wurde er in die Villa Farnesina eingeladen, und
nicht nur Frau Professor Grebenstein hätte ihn nur allzu gern begleitet und
bemühte sich trotz zahlloser Kontakte vergeblich darum.
Dies war der Augenblick, in dem Pierre
Guby fälschlich glaubte, seine Stimme werde auch inneruniversitär gehört. Vergeblich
schrieb er eines Tages an die Präsidentin: „Die Frankfurter Allgemeine Zeitung von Samstag, den 14. Dezember 2002,
Nr. 291, S. 55 brachte einen Artikel von Jann Gerrit Ohlendorf, „Gewinner der
Zukunft. Neigungsstudium vorteilhaft.“ Hierin wurde erstens eine Studie „Zur
Zukunft des Akademikerarbeitsmarktes – Über Nutzen und Risiken von Prognosen
und den richtigen Umgang damit“, die von der Vereinigung „Wege ins Studium“ in
München vorgestellt worden war, referiert mit dem Tenor, dass Akademikerarbeitslosigkeit
das geringste Problem in der Gesamtarbeitslosigkeit sei. Darüber hinaus wurde
Professor Klaus Landfried als damaliger Präsident der Hochschulrektorenkonferenz
mit einer Warnung für die Schüler paraphrasiert, sich gegen ihre Interessen dem
Familienwunsch zu beugen. „Der Rat der Eltern wirkt meist verheerend.“ Weiter
hieß es unter Berufung auf alle möglichen Institutionen, Flexibilität sei es,
die von den Absolventen erwartet werde und dass für konkrete Berufsentscheidungen
die prognostischen Instrumente für die künftige Arbeitsmarktentwicklung nur
sehr bedingt ausreichend seien. Ich wundere mich lediglich über das Datum
Dezember 2002, da jeder Hochschullehrer, der ein wenig nachdenkt, genau diese
Erfahrungen schon immer oder seit langem hätte wahrnehmen können, um nur zwei
Beispiele zu nennen: sei es der erziehungswissenschaftliche Kollege Schniewind
in Hamburg oder die moderne Chinakundlerin Ohneschuld in Germersheim, die
unabhängig voneinander, wie viele namenlose Hochschullehrer auch, längst
entdeckt haben, dass Lernen lernen und sich die daraus ergebende Flexibilität
und über allem die Leidenschaft für ein bestimmtes Studium und seine Inhalte
entscheidend für den Erfolg unserer Studentinnen und Studenten sind. Die
einzige Torheit oder Myopie stammte von Herrn Landfried, der offensichtlich
nicht wahrgenommen hat, dass diese Erkenntnis zu mehr Eltern als Hochschullehrerinnen
und –lehrern und den universitären Wissenschaftspolitikern vorgedrungen ist,
wenn wie an unserer Universität ein dauernder Kampf gegen Windmühlen geführt
werden muß, weil Studentinnen und Studenten oft zu spät das Gesamtspektrum der
möglichen Studienberatungen wahrnehmen und durch das unfertige Prokrustesbett,
auf „kompetenten“ Rat hin glauben, Wirtschaft und Philosophie studieren zu
müssen, längst unheilbar verbogen sind bzw. gesamtuniversitäre oder gar
gesamt-wissenschaftspolitische Vorgaben wie die Einführung des B.A.-Studiengangs
ohne Rücksicht auf Fachinhalte und Grunderfordernisse wissenschaftlichen
Arbeitens den Studentinnen und Studenten ein berufsbildendes Studium vorgaukeln
und damit sich selbst und alle Betroffenen langfristig betrügen.
Nach den mir bekannten Strukturplänen
der Johannes-Universität soll meine Professur nach meinem Ausscheiden auf W2
hinabgestuft werden. Die Stelle einer Lehrkraft für besondere Aufgaben im
Bereich der für die Philosophie notwendigen Sprachausbildung trägt einen
kw-Vermerk.
Auf dem Papier mag die Philosophie der
Johannes-Universität einigermaßen strukturiert wirken, in ihrem Kern ist sie
tatsächlich verrottet. Innerfachliche Kommunikation wird von vielen verweigert,
gleichgültig, ob es sich um die Bibliotheksorganisation, die Lehre oder ad hoc
die Philosophie betreffende Fragen handelt. Dieser Vorwurf geht auch formal –
nicht nur tatsächlich – in diese Richtung, da sich einzelne viele Jahre als
Geschäftsführende Direktoren oder rechtlich nicht legitimiert als
Institutsdirektoren geriert haben und auch auf den unteren Ebenen immer wieder
einzelne Mitarbeiter Außen- und Innenangelegenheiten des Philosophischen
Instituts – Sie verzeihen mir den Verzicht auf den Terminus Modul – selbständig
und ohne Rücksprache mit den Betroffenen organisiert haben. (Natürlich nannte
Guby Namen, die hier aus Rücksicht auf den eigenen Seelenfrieden unterschlagen
werden.) Über Jahre hinweg z.B. hat die Bibliothek nicht interessiert, im
Gegenteil wurden alle Vorschläge, die meinerseits diesbezüglich gemacht wurden,
abgeblockt, ob es um die Kaufpolitik, Räume oder die elektronische
Katalogisierung ging. Im Laufe der Zeit wurden alle Studentischen Hilfskräfte
aus der Bibliothek abgezogen – möglicherweise einer törichten universitären
Politik vorgreifend, diese nicht mehr für den Bibliotheksbereich einzustellen,
mit dem Ergebnis, dass ich bei meinen leider auch zu seltenen Besuchen in der
Universitätsbibliothek zumindest einmal erstaunt gefragt wurde: „Wie, Sie kommen
selber hierher?“ Offensichtlich sind verbessernde Maßnahmen in der Bibliothek
nur möglich, wenn zusätzliche Forderungen an die Universität gestellt werden.
Da nicht einmal im Hause auf
Kommunikation Wert gelegt wird, ist es nicht verwunderlich, dass dies auch mit
benachbarten Disziplinen nicht geschieht, allenfalls in der Form, dass neue
oder scheinbare neue Studiengänge – wohl kaum kostenneutral – eingefordert oder
eingerichtet werden wie der aus Gründen der political
correctness nur schwer angreifbare Gender-Studiengang. Stattdessen wird
rücksichtslos die Kompatibilität mit philosophischen Studiengängen anderer
Universitäten außer acht gelassen und spielt keine Rolle. Es wurden sogenannte
Pilot-Studienprojekte ohne Absprache eingeführt, die zumindest zeitweise den
Studienverlauf, die sogenannte Regelstudienzeit erheblich erschwerten und dazu geführt
haben, dass ein Teil der Studenten lieber als Gasthörer die überlaufenen, aber
vom Aufwand den Anforderungen entsprechenden Lehrveranstaltungen in Bielefeld
oder Münster besuchen. Es wurde ein B.A-Studiengang „entwickelt“ und vehement
vertreten, der sich grundsätzlich nur durch das Etikett „B.A.“ vom Grundstudium
im Magisterstudiengang unterschied. Die Möglichkeiten der Modularisierung
wurden dadurch ad absurdum geführt, dass die Grundstudiumsanteile lediglich die
Bezeichnung „Module“ erhielten, statt die Chance zu nutzen, die vorhandenen
Ressourcen besser einzusetzen und damit auch der Vielfalt der studentischen
inhaltlichen Studieninteressen entgegenzukommen. Vielleicht wäre es auch eine
Nachfrage wert gewesen, warum das Modul der Political Governance im laufenden
Semester einen eigenen Kurs „Geschichte der politischen Philosophie“ anbietet
und durchführt.
Themenfelder werden willkürlich besetzt
und nur angeblich vertreten. Gewiß macht es zunächst Sinn, über ihre Arbeitsplatzbeschreibung
die Betroffenen abzufragen, welche Bereiche sie vertreten bzw. vertreten
können. Dass dies allein genügt, um Kompetenz zu begründen, kann ich mir nicht
vorstellen. Wie der Wert solcher Selbstbeschreibungen von Seiten der
Universität gesehen wird, scheint mir aus meiner eigenen vor Jahren
eingereichten Selbstbeschreibung hervorzugehen. Ich glaube mich zu erinnern, dass
ich neben den im Ausschreibungstext genannten Themenkomplexen auch geschrieben
habe, dass ich alles das anbiete, was vom sonstigen Lehrkörper nicht angeboten
wird, nach meinem Verständnis aber zu den unverzichtbaren Inhalten der
Philosophie gehört, d.h. ich habe mich durch Einführungen der Literatur-,
Philsophie- und Religionsgeschichte gequält, gewiß nicht meine Kompetenzfelder.
Ich nehme an, meine Selbstbeschreibung wurde ungelesen – allenfalls aus denunziatorischem
Interesse – abgeheftet.
Im Zusammenhang mit Zielvereinbarungen
und Leistungsmittelzuweisungen wird nach meiner Überzeugung viel zu oft nach
bloßen Absichten gefragt. Es sollte vielmehr der Ist-Zustand abgefragt und
kontrolliert werden. Das gilt für durchgeführte Examina auf allen Ebenen, für
Publikationen, vielleicht verbunden mit der Abgabe eines Pflichtexemplars an
die UB oder das Universitätsarchiv, und vor allem für Drittmitteleinwerbungen,
bei denen in den letzten beiden Durchgängen nach gestellten Anträgen gefragt
wurde. Das scheint mir Quatsch zu sein bzw. kann ein solches Abfragen zu einem
späteren Zeitpunkt dahingehend pervertiert werden, dass gescheiterte Anträge
Maluspunkte verursachen. Gescheiterte Anträge kosten ebensoviel Arbeit wie
erfolgreiche, die Gründe für eine Absage jedoch können vielfältiger Natur sein,
heute angesichts knapper Kassen oft aufgrund zu hoher Kosten oder fachexterner
Relevanzkriterien – Relevanz ist einer der gefährlichsten Begriffe unserer
Gegenwart für wissenschaftliches Arbeiten.“ Später, als er noch weniger zu
verlieren hatte und sehenden Auges die Entwicklung der Johannes-Universität
beobachtete, erinnerte er sich an jesuitische Aussprüche und übernahm die
zeitgebundenen und immer noch zeitgemäßen Worte des Pieter Kanijs: „Wir
übertreffen die Juden in Wucher, die Türken in Völlerei und Trunksucht, die
Heiden in Geiz und Schlechtigkeit, die Tiere in Unzucht und Ausschweifung.
Unsere Universität ist zu einem Schwätz-, Kauf- und Tanzhaus geworden.“
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