Die Universität
Allmählich entwickelte sich die Johannes-Universität zu
dem, was von vielen, die sie repräsentierten, beabsichtigt war. Sie wurde zu
einer Residenz mit großer Herrscherfrequenz, besaß die entsprechenden Rats-
und Verwaltungsinstitutionen und die gefrorene Infrastruktur. Die Rituale waren
mit Hilfe Jürgen Lürssens schließlich kodifiziert. Das Siegel war entworfen
und für geeignet befunden worden, die unvergleichlichen Bauten standen, eine
wissenschaftliche Genealogie war erfolgreich entworfen worden, so dass das
Renommé der Berliner Humboldt-Universität, altehrwürdig und nicht ohne
mindestens die Hälfte ihrer Geschichte Instrument eher suspekter Machthaber
gewesen zu sein, von Gütersloh okkupiert und mit den territorialen auf Johannes
Gigas zurückgehenden Wurzeln verankert wurde. Sie war keine university of
applied sciences, sondern fürwahr Elite. Selbst die notwendige
Erinnerungskultur war geschaffen, indem die Gräber der Äbte von Marienfeld, an
hervorragender Stelle das Grab des Bischofs von Agathonica in Thrazien, für
Kranzniederlegungen und jährliche Reden, die immer mehr den Charakter
chinesischer kaiserlicher Ermahnungen annahmen, genutzt wurden. Wegen seiner
ästhetischen Schönheit stand fast gleichberechtigt das Grab des Bischofs Yso
Wilpe neben den lokalen Größen. Gefüllt war dieser Rahmen mit dem entsprechenden
Personal vom Kanzler über Herolde, Künstler, Professoren und Hofnarren bis zu
Frauen, Eunuchen und Maitressen. Und man gab viele Worte von sich, die, wären
sie nicht nur Worte gewesen, von der Vernunft der Redner zeugten. Man sprach
davon, dass die Rehabilitation der verantwortungsbewußten Lehrer längst
überfällig sei. Man ging an gegen die Scheu, Grundlagenforschung und Nutzen
miteinander zu verbinden und versuchte, hybride Studiengänge wie Philosophie
und Wirtschaft zu lancieren. Dagegen standen die von den Funktionären
entwickelten Leistungskriterien, nichts höher zu bewerten als Aktivitäten in
der politisierten Selbstverwaltung, auf nichts mehr zu beharren als auf die zu
anderen Zeiten festgelegten Fächergrenzen, den eigenen Kanon festzuschreiben,
den Begriff der Hilfswissenschaft pejorativ zu verstehen.
Nicht zuletzt dachte man aber an die
zu materialisierenden Rituale. Dazu gehörten die Küche und der Weinkeller. Im
letzteren fanden sich nicht nur Weine von der Unstrut, aus Württemberg und von
der badischen Sonne verwöhnte, der Domina-Rotwein aus Franken und der Rotwein
von der Aar, so geeignet für Rotweindessert, es fanden sich auch Weine aus
Orleans und Bordeaux, der Brunello aus Montepulciano und natürlich lange Regale
mit Barolo und den erkauften Tributen der Fugger, sondern auch Champagner aus Aï, Dessertweine aus der Malvoisie,
darüber hinaus die verschiedensten Würzweine mit Minze, Aloe, mit Muskatnuß,
Nelken oder Rosinen und daneben Goldwasser, das in Ermangelung alchemistischen
Könnens aus dem Brunnen stammte und dem Goldplättchen beigegeben wurden. In den
Speisekammern gab es entweder alle Zutaten, die man für Suppe, Hauptgericht
und Dessert benötigte, oder man konnte auf die Adressenlisten zurückgreifen,
die an der Tür hingen, wenn man Weißwürste aus Kapaunenfleisch herstellen
wollte, wenn geplant war, Spanferkel zu servieren oder seltenere Vogelarten wie
Haselhühner, Spatzen, Amseln, Regenpfeifer, Rebhühner, griechische Steinhühner
oder Störche zu braten. Wild war immer vorhanden. Erst wenn man auch Igel
wollte, hetzte man die entsprechenden Auftragnehmer in die Hecken und
Waldraine.
Schließlich häuften sich die
Anlässe, bei denen sich die Anwesenden erheben mußten. Und so wurden an den
Klappstühlen Misericordias angebracht, die man während touristischer bezahlter
Rundgänge bewundern durfte, da sie aus älteren Kirchen vor dem Verfall gerettet
worden waren, so ein gesattelter Aristoteles wegen seiner blinden Liebe für
Kampaspe oder ein nach der Natur geschnitzter Elefant.
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