Samstag, 3. April 2010

Altersprobleme

Mit neunundsechzig Jahren beginne ich, meine Kindheit aufzugeben und zu entfernen. „Och så var barndomen slut. Vad böckerna under hela den tiden betytt för mig, är omöjligt att såga. Hela min barndom går i böckernas tecken – de utgjorde då för mig livets viktigaste del. Det är inte bara så, att jag kan säga: de har gjort mig stor glädje. Snarare ville jag säga: jag undrar, var jag skulle vara, hur jag skulle se ut innti och hurudant mitt liv skulle ha blivit, om jag inte haft dem!“ Während ich mich mit Karin Boye problemlos identifizieren kann, gibt es leider kein Photo von mir wie „John Maynard Keynes vor seiner Sammlung seltener Bücher“, für das die Rechte bei Getty Images liegen und das heute am 17. März 2010 auf Seite L12 der Frankfurter Allgemeine Zeitung abgedruckt ist. Es gibt neben vielen Gründen für mich einen weiteren, nie wieder zu lesen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. Oktober 2009, Seite N1 bringt einen Bericht „Ausgerechnet Kinderbücher: Verlage nutzen Papier aus Raubbau“, d.h. unter anderem von Shorea- und Rhizophora-Arten, und Schuld sind einmal mehr die Chinesen und vor allem der indonesische Papiererzeuger APP, Tochter eines chinesischen Konzerns und Hauptakteur bei umstrittenen Urwaldrodungen.
Wir müssen uns verkleinern. Mein Vater hat u.a. Briefmarken gesammelt, und selbst diese nehmen mit ihren Alben, in denen sie geordnet und gehortet wurden, Platz weg. Ich selbst habe nie wirklich – nur nicht weggeworfen – etwas gesammelt, - das merke ich einmal mehr, wenn ich in alte Antiquariatskataloge schaue – dieser stammt von Damms Antikvariat in Oslo aus dem Jahre 1974 – und feststellen muss, dass ich nicht für 120 NKr. Della letteratura de' Turchi. Osservationi fatte da Gio. Battista Donado Senator Veneto, fù Bailo in Costantinopoli... Venice: Andrea Poletti, 1688. 140 pp. gekauft habe – vermehrt haben sich nur die Bücher – und wegwerfen, das ging bis heute nie. Die alten Chinesen verbrannten mit rituellem Aufwand bedrucktes, obsolet gewordenes Papier. In Deutschland kann man nicht mehr so einfach eine Bücherverbrennung organisieren, öffentlich nicht wegen der deutschen Vergangenheit, privat nicht, weil es kaum noch geeignete Feuerstellen gibt. Am Sonntag, den 22. November 2009 sinniert Jan E. Hansen in Aftenposten, wie er 4-5.000 Bücher auf einige hun-dert reduzieren kann. Er will die Bücher behalten, die seine „Identität“ ausmachen, in seinem Falle diejenigen mit Verbindungen zur römischen und italienischen Geschichte. Von tausenden Gedichten will er Fröding, Heine, Olaf Bull und Claes Gill behalten, darüber hinaus mit einer Tendenz für das 19. und frühe 20. Jh., immer mit der Bemerkung, es handele sich um Idiosynkrasien und nicht um Werturteile, aber wie Pilatus wäscht er seine Hände in Unschuld, indem er alle Bücher, die er nicht mitnehmen kann, stehen lässt, dem nächsten Bewohner der Wohnung zum Vergnügen oder Entsorgen.

1 Kommentar:

  1. Lieber Blogautor Eme,
    ich glaube, Sie haben Ihr Medium gefunden.
    Herzlichst,
    der Osterhase :)

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